In den vergangenen Monaten habe Libri ein außergewöhnlich gestiegenes Bestellvolumen aus dem Markt verzeichnet, "das in den letzten Wochen noch einmal drastisch zugenommen hat". In Verbindung mit einem sehr späten Schulbuchgeschäft führe das in diesem Weihnachtsgeschäft zu besonderen Herausforderungen.
Libri habe die Lager so bestückt, "dass insbesondere die Artikel lieferbar sind, die im Weihnachtsgeschäft besonders von Kund:innen nachgefragt werden". Das habe man aufgrund des gleichzeitig sehr hohen Auftragsvolumens nur erreicht, indem diese Titel in der Disposition priorisiert worden seien. Die Priorisierung sei breit gefasst: Es gebe mehrere 100.000 sofort lieferbare Lagertitel sowie mehr als 4,5 Millionen Print-on-Demand-Titel.
Aufgrund der besonderen Situation sei der Meldeschlüssel 180 in diesem Jahr bereits früher sichtbar gewesen. In den letzten Wochen hätten aber insbesondere die Mitarbeiter:innen in Bad Hersfeld "alles darangesetzt, dass wir so viele Titel wie möglich doch noch einlagern können, um die Anzahl der Titel mit Meldeschlüssel 180 wieder zu verringern". Man werde sich auch weiterhin bemühen, so viele Titel wie möglich verfügbar zu haben, "allerdings ist das Bestellvolumen nach wie vor außergewöhnlich hoch", heißt es von Libri. Im weiteren Verlauf des Weihnachtsgeschäfts werde es daher nicht zu vermeiden sein, dass Titel mit einem Meldeschlüssel 180 versehen werden.
Betroffenen Verlage, deren Titel jetzt über das Barsortiment nicht mehr rechtzeitig lieferbar sind, empfiehlt Libri, "das eigene Programm parallel im Print-on-Demand verfügbar zu machen, um zukünftig unabhängig von der Marktsituation die eigenen Titel dauerhaft lieferbar zu halten". Zudem habe beispielsweise die Kurt-Wolff-Stiftung den Buchhandel bereits auf die Möglichkeiten der Direktbestellung hingewiesen.
Die Richtung, in die das führt, ist doch klar: Noch mehr Aufwand und Kosten, die am Ende wieder die kleinen Buchhandlungen tragen müssen. Und Print-on-Demand als Lösung? Das ist in meinen Augen nicht praktikabel. Solche Bücher wirken oft minderwertig, mit Einbänden, die weder hochwertig aussehen noch robust sind. Wer verschenkt so etwas zu Weihnachten oder zu besonderen Anlässen?
Die Buchbranche sollte Lösungen entwickeln, die den unabhängigen Buchhandel stärken – nicht belasten. Gerade in ländlichen Regionen sind Buchhandlungen wichtige kulturelle Ankerpunkte. Man kann die Probleme der Branche nicht auf ihrem (unserem!) Rücken austragen.
Hier werden Bücher, die als Saisontitel eingestuft werden können und gerade im Weihnachtsgeschäft von Kunden als Geschenk gekauft werden und ansonsten im Jahresverlauf nicht die große Rolle spielen, vollkommen aus dem Verkehr gezogen. Gerade diese Titel sind für kleine und mittlere Verlage aber häufig die Brotartikel.
Libri konzentriert sich aber auf die Schnelldreher, die das ganze Jahr sowieso funktioniert haben und bereinigt so das Angebot - fraglich, ob Libri hier noch der Funktion des Barsortiments nachkommt…
Könnte es sein, dass die Meldenummer 180 auch aus der Not heraus resutiert, extrem stark gestiegene Bestellvolumina verarbeiten können zu müssen, weil ein anderer großer Mitbewerber offensichtlich in sehr argen Schwierigkeiten steckt und deshalb aktuell sehr viele Titel schlicht nicht liefern kann?
Schon seit dem zweiten Verkaufstag von Merkel für diesen Titel dort eine Meldenummer 15 bzw. seit dem 29.11. eine Meldenummer 12 anzubieten, dies ist ein wahres Kunststück, was man erstmal zustande bringen muss - und u.a. dieses Kunststück lässt sehr weit tiefere Rückschlüsse zu.
Die als Barsortiment nur auf Zeitfracht angewiesenen Buchhändlerinnen und Buchhändler wissen wohl aktuell ein Lied davon zu singen, wie langfristig und absolut unkalkulierbar die eigentlich kurzfristige Meldenummer 15 seit geraumer Weile aus Erfurts Mund aussehen kann..
Kurzum: Die Ursache für dieses durchaus vehemente Problem mit der gehäuften Meldenummer 180 liegt nicht in Bad Hersfeld, die liegt einen kleinen Ticken weiter östlich...
Jens Bartsch - Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln
Wenn die Leser*innen heute nach dem Außergewöhnlichen suchen, müssen sie das wohl im Internet tun oder die kleineren Messen besuchen. Das ist sicher auch der Grund dafür, warum ich ständig zu hören bekomme, dass jemand einen neuen Advantage-Account eröffnet hat.
Konzentrieren wir uns also besser auf diejenigen, die uns noch eine Chance bieten, und hören wir nach Möglichkeit damit auf, Veranstaltungen und Organisationen zu unterstützen, die uns am Ende des Tages eher schaden. Am Ende werden jene kleinen Verlage bestehen, die das Online- und Direktgeschäft am besten beherrschen.
Das ist zwar traurig. Aber wenn kein Weihnachtswunder geschieht, gibt es wohl keine Alternative.