Buchhändler-Aktionen

Kostümreiches Spektakel

19. Juli 2007
von Börsenblatt
Eine Kleinstadt reist ins Mittelalter - zumindest spielerisch: Sigrid Lindner organisierte in Stollberg ein grandioses Fest.

Stollberg – am Nordrand des Erzgebirges. Die knapp 10.000 Einwohner der Kleinstadt sind stolz auf die mittelalterlichen Wurzeln ihrer Heimat, immerhin wurde Stollberg bereits 1267 erstmals urkundlich erwähnt. Auch Sortimenterin Sigrid Lindner interessiert sich sehr für die regionale Geschichte. In ihrem "Buch und Kunst Laden" bietet sie neben Lesestoff eine reiche Auswahl an erzgebirgischer Volkskunst an. Gern engagiert sich die 63-Jährige auch für Autoren aus ihrer Umgebung.

Mittelalterspektakel

Als die örtliche Tageszeitung Sabine Eberts neuen Roman "Das Geheimnis der Hebamme" Ende des vergangenen Jahres abdruckte, war Lindner gerade auf der Suche nach einem Thema für das kommende Fest zum Welttag des Buches. Eberts spannender Roman über die Geschichte der Besiedlung Sachsens, der teilweise in der direkten Umgebung Stollbergs spielt, fesselte die Buchhändlerin dermaßen, dass sie die Autorin unbedingt zu einer Lesung einladen wollte. Nach Möglichkeit sogar zu einem richtigen Mittelalterspektakel.

Aus der ersten, noch vagen Idee wurde rasch ein konkreter Plan: Die örtliche Schule konnte für das Projekt gewonnen werden – viele Schüler beteiligten sich auf ganz unterschiedliche Weise an den Vorbereitungen für das Fest: Einige Musikschüler studierten zeitgenössische Stücke ein. Andere schneiderten im Kunstunterricht Kleider und Kostüme im Modestil des 12. Jahrhunderts. Dabei verzichteten die Schüler komplett auf textile Stoffe und fertigten stattdessen Mieder aus Staniolpapier, Ritterrüstungen aus Draht und Waffen aus Bremsscheiben an. Sigrid Lindner erinnert sich begeistert an die kreative Vielfalt der Werke: "Die am Abend präsentierte Modenschau 'Zeitreise ins Mittelalter' war auf jeden Fall einer der Höhepunkte des Fests."

Einstimmung schon Wochen zuvor 

Die Kunden ihres Ladens stimmte Sigrid Lindner bereits ein paar Wochen vor dem großen Tag auf das Ereignis ein. Sie dekorierte ein ganzes Schaufenster mit getrockneten Kräutern, alten Heilkräuterbüchern, Zinngefäßen und einer Büste der Marthe, der Hauptfigur aus Eberts Roman. Eine ortsansässige Keramikerin, Stammkundin in Lindners Laden, hatte die Skulptur speziell für die große Feier gestaltet.

Für das Fest stellte die örtliche Sparkasse ihren Saal zur Verfügung. Dort fanden schließlich alle 250 Gäste Platz – eine Größenordnung, die in der Buchhandlung undenkbar gewesen wäre. Eberts Lesung kam beim Publikum so gut an, dass sich einige Gäste bereits für den im Herbst erscheinenden zweiten Band vormerken ließen.

Sigrid Lindner war wichtig, dass "die ganze Veranstaltung für die Besucher kostenlos blieb". Schließlich wollte sie möglichst viele Menschen mit ihrem Bücherfest erreichen. Was ihr auch gelungen ist – dank vieler helfender Hände und einer Finanzspritze vonseiten des Landratsamts. Und natürlich mit einem hohen persönlichen Einsatz, für den sich noch Wochen später ihre Kunden bedankten.