DBH / Wohlthat

Wohlthat: Mitarbeiter-Streiks in Berlin und Potsdam

14. Januar 2010
von Börsenblatt
Auf die Entlassungs- folgt die Streikwelle: Seit Anfang November gehen die Wohlthat-Mitarbeiter in Berlin und Potsdam in die Offensive. Sie kämpfen für höhere Löhne – und wollen laut Verdi auch nicht nachgeben. Parallel dazu geht der Umbau der Billigkette weiter: Ende 2009 wurden acht Filialen aufgehübscht, zwei Läden machten dicht.

Die Billigkette der DBH steckt in Schwierigkeiten. „Die Wohlthat'sche hat seit mehreren Jahren mit rückläufigen Umsätzen zu kämpfen“, gibt Geschäftsführer Ulrich Daniels gegenüber boersenblatt.net zu bedenken (siehe Interview, hier). Entsprechend negativ habe sich auch die Ertragslage entwickelt. „Nur die finanzielle Unterstützung der Gesellschafter hat den Fortbestand des Unternehmens bislang sichergestellt“, sagt Daniels – meint aber auch. „Wir gehen davon aus, das Unternehmen mittelfristig stabilisieren zu können.“

Dass ausgerechnet jetzt die Mitarbeiter in Berlin und Potsdam streiken (nur hier gibt es einen Betriebsrat), dürfte den Sanierung eher schaden – als helfen. Worum es geht: Die Mitarbeiter hoffen darauf, dass sich die DBH auf einen Sozialtarifvertrag einlässt und sich zum Manteltarifvertrag bekennt.

Wohlthat hat Daniels zufolge noch nie nach Tarif bezahlt, und will es allem Anschein nach auch dabei belassen: Seit November gab es laut Verdi Berlin-Brandenburg bereits zwei Verhandlungsrunden – aber ohne Ergebnis. Ende Januar soll nun eine dritte stattfinden. „Ich hoffe, dass wir dann endlich zu Ergebnissen kommen“, so Janet Dumann von Verdi. Durchschnittlich 6,50 Euro pro Stunde seien definitiv zu wenig, betont sie; der Tariflohn liege bei 12,70 Euro pro Stunde.

Warum das Interesse
an einem Bekenntnis für den Manteltarifvertrag so groß ist: Hier wird nicht nur das Grundgehalt geregelt; der Vertrag schreibt auch fest, zum Beispiel, wie Kündigungsfristen aussehen, wie hoch das Weihnachts- und Urlaubsgeld ist und welche Zuschläge für verlängerte Öffnungszeiten zu zahlen sind.   

Die Streiks begannen im November, besonders heftig wurde es aber im Dezember – also mitten im Weihnachtsgeschäft. In der Filiale am Alexanderplatz in Berlin streikten die Mitarbeiter offenbar sogar zweimal. 2010 begann mit Protesten in Potsdam (Streik am 6. Januar). Sollte sich die DBH nicht bewegen, warnt Dumann, würden die Streiks weitergehen.

Die Entlassungswelle im vergangenen Jahr hat die Angestellten offenbar aufschrecken lassen. „Insgesamt 41 Mitarbeiter waren bis November von Personalmaßnahmen betroffen“, rechnet Mark Schneider vor.  Mehrere Kollegen hätten das so genannte Freiwilligenprogramm genutzt; sie verließen das Unternehmen mit einem Aufhebungsvertrag und einer Abfindung in der Tasche.

Wie Schneider berichtet, hätten die meisten jedoch eine Änderungskündigung akzeptiert und arbeiteten heute statt 40 nur 20 Stunden pro Woche; Vollzeitenstellen gebe es kaum noch. Seitdem würden verstärkt Saisonkräfte aushelfen. „In Berlin und Potsdam hat Wohlthat noch etwa 72 Angestellte“, so Schneider. Vor dem Umbau seien es rund 90 gewesen. Dazu, wie es in den Filialen jenseits Berlins und Brandenburgs aussehe, könne er nichts sagen. „Wir haben keine Kontakte.“

Unabhängig von Entlassungen und Stundenreduzierungen: Wohlthat braucht heute allein deshalb weniger Mitarbeiter, weil das Filialnetz schrumpft. Als die DBH 2006 bei der Billigkette einstieg, umfasste das Netz noch 53 Standorte, jetzt sind es 36. Ende Dezember wurden in Berlin zwei weitere Läden dicht gemacht: in der Maaßenstraße im Stadtteil Schöneberg und im Tegel-Center.

Nichtsdestotrotz hat die Unternehmensführung bis Dezember bundesweit acht Läden aufhübschen lassen: fünf in Berlin (seit 2010: 14 Standorte) und je eine in Frankfurt, Mainz und Rostock. Informationen dazu, wie es um die Wohlthat´sche steht und wie es für die DBH-Tochter künftig weitergehen soll, finden Sie auch im Interview, das boersenblatt.net mit Geschäftsführer Ulrich Daniels geführt hat (siehe Archiv, unten).