Veranstaltungen

Erlanger Poetenfest trotzt dem Wetter

31. August 2010
von Börsenblatt
Über 10.000 Literatur-Interessierte besuchten die Lesungen und Gespräche des 30. Erlanger Poetenfests, das am Samstag zu Ende gegangen ist. Angesichts des kühlen und nassen Wetters sei man mit der Besucherzahl sehr zufrieden, teilte das veranstaltende Kulturprojektbüro mit.
Eröffnet wurde das 30. Erlanger Poetenfest am Abend des 26. August mit "Lyrik.10", der Internationalen Nacht der Poesie des Bayerischen Rundfunks. Zu den Höhepunkten des Festivals zählten die beiden Autorenporträts mit Hans Joachim Schädlich und Volker Braun sowie die Premiere von Rafael Seligmanns Autobiografie "Deutschland wird dir gefallen". Aber auch die Diskussionsrunden zu Themen wie "Der Autor im digitalen Zeitalter" mit Markus Albers und Peter Glaser, die Sachbuch-Vorstellungen, wie zum Beispiel Michael de Ridders viel beachtetes "Wie wollen wir sterben?" und Veranstaltungen zu politischen Themen, zogen große Besuchermassen an. Vor allem die traditionelle Sonntagsmatinee, die von Wilfried F. Schoeller moderiert wurde und sich in diesem Jahr unter anderem mit Meinhard Miegel, Ernst-Wilhelm Händler und Adolf Muschg das Thema "Wachstum - ein Irrweg? Wohlstand, Verantwortung und Realismus in einer begrenzten Welt" diskutierte, lockte weit über 700 Besucher in den Redoutensaal. Besonderes Interesse weckten auch die Lesungen der für den Deutschen Buchpreis nominierten Autoren Thomas Hettche ("Die Liebe der Väter"), Michael Kleeberg ("Das amerikanische Hospital"), Thomas Lehr ("September. Fata Morgana"), der Klagenfurt-Gewinner Peter Wawerzinek ("Rabenliebe") und Judith Zander ("Dinge, die wir heute sagten") sowie der mit großer Spannung erwartete Roman von Norbert Gstrein "Die ganze Wahrheit", dessen offensichtliche Parallelen zur jüngeren Geschichte des Suhrkamp-Verlags bislang nicht zum vielfach prophezeiten Literatur-Skandal geführt haben.

Seit 2004 bietet das Erlanger Poetenfest auch den Literatur-Übersetzern ein Forum. Beim 30. Erlanger Poetenfest stand in diesem Zusammenhang ein wagemutiges Übersetzungsprojekt jenseits des klassischen Literaturbetriebs im Mittelpunkt: Der Drehbuchautor und Filmemacher Gabor Altorjay und der Theatermusiker und Regisseur Carsten Dane übersetzen den ungarischen 1.500-Seiten-Roman "Karneval" von Béla Hamvas, eines der meistgelesenen Bücher in Ungarn, das von Fachleuten mit "Ulysses" und "Der Zauberberg" verglichen wird, in Deutschland bis heute jedoch weitgehend unbekannt ist. Autor, Roman und Übersetzung - bislang nur als "digitales Samisdat" im Internet verfügbar - wurden im Rahmen der siebten Erlanger Übersetzerwerkstatt vorgestellt und in einer rauschhaften multimedialen Lesung mit 26 lesenden Schriftstellern und Künstlern in einem ehemaligen Kino als "begehbarer Roman" inszeniert. Auch diese experimentelle Veranstaltung stieß beim Poetenfest-Publikum auf großes Interesse.

Das 31. Erlanger Poetenfest findet 2011 vom 25. bis 28. August statt.