Auszeichnungen

Elke Heidenreich nimmt Julius-Campe-Preis entgegen

8. Oktober 2010
von Börsenblatt
Feierstunde in Frankfurts Alter Oper: Im Rahmen seines Buchmesse-Empfangs hat der Hoffmann und Campe Verlag heute Mittag die Schriftstellerin, Journalistin und Kritikerin Elke Heidenreich mit dem Julius-Campe-Preis 2010 ausgezeichnet. 

Als Gratulanten gaben sich unter anderem Ex-Finanzminister Peer Steinbrück, der ehemalige Präsident des Goethe-Instituts Hilmar Hoffmann und Hörbuch-Sprecher Christian Brückner die Ehre. Auch die Verleger Inge Feltrinelli, Joachim Unseld und Thomas Ganske waren dabei. Die Laudatio hielt Günter Berg, verlegerischer Geschäftsführer bei Hoffmann und Campe.

"Elke Heidenreich ist ungemein fleißig und nimmt ihren Beruf sehr ernst", so Berg. "Sie beherrscht nahezu alle Textsorten, selbst das schwierige Kinderbuch." Ihr "Nero Corleone" sei der Prototyp des All-Age-Buchs und gehöre zu Bergs Lieblingsbüchern.

Von Else Stratmann zu "Lesen!"

"Mit der Kabarett-Figur Else Stratmann hat Elke Heidenreichs Erfolgsgeschichte begonnen, gefolgt von den 'Brigitte'-Kolumnen, die sie 17 Jahre lang veröffentlicht hat", sagte Berg. Als das ZDF nach dem Ende des "Literarischen Quartetts" ein Nachfolgeformat suchte, habe Heidenreich mit ihrer Sendung "Lesen!" den bis dahin amtierenden Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki demissiert. Als Kritik habe sie sich oft anhören müssen, die einzige Wirkung ihrer Sendung sei, dass anschließend mehr Bücher verkauft würden. Berg quittierte das mit einem Achselzucken: Ihn hätte das jedenfalls nie gestört.

Das Aus im TV

Auch das Ende von "Lesen!" im TV sprach Berg an: Marcel Reich-Ranickis Wutrede, als er 2008 den Deutschen Fernsehpreis ablehnte, und Elke Heidenreichs "FAZ"-Beitrag, in dem sie dem Kritiker-Kollegen beisprang – der sich ihr gegenüber dann wenig solidarisch gezeigt habe. "Statt einer Qualitäts-Debatte gab es schließlich eine Heidenreich-Debatte, und am Ende titelte die 'Taz': 'Heidenreich aus Anstalt entlassen'."

Großen Applaus erntete Berg für seine Forderung nach einer ähnlich "liebenden, hymnischen, euphorischen" Literatursendung im Fernsehen wie Heidenreichs "Lesen!": "Nicht das, was es jetzt gibt, und nicht erst um 0:30 Uhr!"

Auch Heidenreich selbst kam in ihrer Dankesrede noch einmal auf Reich-Ranicki zu sprechen. Es gebe in ihrem Leben keine ungeklärten Fälle, außer diesem einen: "Marcel Reich-Ranicki hat mich sehr verletzt."

Undiplomatisch und leidenschaftlich

Vor dem Hintergrund der Buchmesse kritisierte Heidenreich, dass heute viel zu viele Bücher produziert würden: "Wir sind ein Volk von Dichtern – ob auch von Denkern, sei mal dahingestellt." Auch sonst teilte Heidenreich ordentlich aus: "Würde es 'Lesen!' noch geben, dann stünde heute 'Diese alte Sehnsucht' von Richard Russo auf der Bestsellerliste, und nicht der seit Jahren chronisch überschätzte Bernhard Schlink oder dieser ganze Vampir-Quatsch."

Über die Laudatio von Günter Berg zeigte Heidenreich sich "gerührt und überrumpelt". Sie freue sich sehr über den Preis, dessen Namensgeber Julius Campe einmal gesagt habe: "Allen es recht machen ist unmöglich, und wenn ich es könnte, ich würde es nicht tun." Campe und sie hätten beide das gleiche Sternzeichen: "Wir Wassermänner können keine Diplomatie, dafür stehen wir aufrecht und haben Leidenschaft."