Berlin

Leicht und heiter: Ullstein feiert mit 1.000 Gästen

10. Oktober 2011
von Börsenblatt
Auf der traditionellen großen Party im Berliner Verlagssitz feierte Ullstein mit zahleichen prominenten Gästen auch das Erscheinen der „Ullstein Chronik“.
Warum dies ausgerechnet im Jahr 108 nach Verlagsgründung? Verlagsleiterin Siv Bublitz antwortete mit der lakonischen Antwort des Bergsteigers Edmund Hilary auf die Frage, warum er den Mount Everest bestiegen habe: „Weil er da war.“ Doch noch mehr gab es bei geschmorten Ochsenbäckchen, Trüffel-Triangolini und Cocktails mit den rund 1000 Gästen, darunter Mitgliedern der Familie Ullstein, zahlreichen Autoren und Freunden aus der Branche wie Frau Freitag (Bestseller: „Chill mal, Frau Freitag“), Peter Scholl-Latour, Margot Käßmann, Gerlinde Unverzagt („Eltern an die Macht“, „Lehrerhasserbuch“), Ijoma Mangold (ZEIT), Sten Nadolny, Verleger Viktor Niemann zu feiern: Bart Ullstein aus London schenkte dem Haus ein Porträt seines Vorfahren, des Unternehmensgründers Leopold Ullstein; das Bild ist nun im holzvertäfelten Musiksaal zu sehen.

Offenbar leicht und heiter verschmerzten die Gäste das wegen „anders verlaufener Koalitionsverhandlungen“ bedingte Fehlen des Berliner Oberbürgermeisters Klaus Wowereit, trat doch ein überaus wortgewandter Redner auf die Bühne: David Cornwell alias John le Carré bot in makellosem Deutsch und mit british humor eine Hommage an die verlegerischen Tätigkeiten der Ullsteiner. Während, pointierte der eigens zur Feier angereiste Bestseller-Autor, die englische Verlagsbranche ein letzter Außenposten gebildeter Amateure sei, habe das ihn oft zunächst lästig anmutende akribische Lektorat der Deutschen sogar schon zu last-minute-Korrekturen – in englischen und anderssprachigen Ausgaben – geführt. Das Bekenntnis, vor Jahren für die Aufhebung der Buchpreisbindung plädiert zu haben, die in England mit verheerenden Folgen durchgeführt worden sei, verband le Carré mit einer Verbeugung vor der deutschen Verlagsbranche, die aus robusterem Stoff gemacht sei und diesen Tendenzen widerstanden habe. Wenn die deutsche Edition, minutiös übersetzt, hübsch gebunden und gut in der Hand liegend, in Cornwall eintreffe, sei dies für ihn stets fast wie ein magisches Geschenk aus der Vergangenheit.

So mag auch die Verlagschronik wirken: das in Leinen gebundene Schwergewicht ist gewissermaßen Gestalt gewordene Bekundung der Rückbesinnung auf die Traditionen des Unternehmens. Geplant gewesen sei, so Verlegerin Siv Bublitz in ihrer Eröffnungsrede, der Band bereits für das Jubiläumsjahr 2003. Seinerzeit jedoch habe sich der Verlag aufgrund zweimaligen Eigentümerwechsels (Random House, Bonnier) in einer turbulenten Phase befunden. Damals erschien – Verlagssitz war noch München – der „Ullsteinroman“ von Sten Nadolny, der die Geschichte der Familie und ihres Unternehmens lediglich bis zum Regierungsantritt der Nationalsozialisten erzählte. Die von Anne Enderlein edierte „Ullstein Chronik“, eigentlich weniger Chronik als ein publikationshistorisches Panorama aus Erinnerungen, Bildern, Porträts und Darstellungen diverser Editionen, vollendet nun die Geschichtsschreibung bis ins Jahr 2011.

Starkes Interesse fand auch der im Wechsel auf Englisch und Deutsch vorgeführte zehnminütige Film von Katja Duregger über die Verlagsgeschichte, der die programmatischen Linien des wieder aufgegriffenen Selbstverständnisses markiert: offen und intellektuell neugierig, zugleich unterhaltsam, nicht elitär, einem breiten Publikum zugewandt.

Es scheint, als seien die von den Ullstein-Verlegern oft beschworene Wiederverwurzelung in Berlin und die Neuausrichtung der Geschäfte nun gelungen.