Startschuss

In Arbeit: Standards für nachhaltiges Publizieren

12. Oktober 2011
von Börsenblatt
Mit einer Anschubfinanzierung vom Bundesumweltministerium ist heute auf der Buchmesse ein Projekt an den Start gegangen, das ökologische Standards für die Buchbranche etablieren will.

Der Münchner Oekom Verlag, Spezialist für Umweltthemen, hat die Initiative angestoßen. "Viele Verlage informieren in Büchern über Umweltschutz und Nachhaltigkeit - kennen aber ihren eigenen ökologischen Fußabdruck nicht", so Anke Oxenfarth, die bei Oekom die Stabstelle Nachhaltigkeit betreut.

Das soll sich durch das Projekt "Nachhaltig publizieren" ändern, das bis Ende 2012 läuft und vom Bundesumweltministerium mitfinanziert wird. Das Ziel skizzierte Oekom-Verleger Jacob Radloff so: "Bestehende, branchenspezifische Standards sollen zusammengetragen und gebündelt, neue entwickelt werden." Beim Thema Papier sitzt das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU) mit im Boot, Druckfragen begleitet das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). 

Auch die Frankfurter Buchmesse ist als Partner mit von der Partie: "Wir planen ein ganzes Areal zum Thema Green Publishing. Viele Firmen in Halle 4.0 haben das Thema schon jetzt auf der Agenda - das wollen wir künftig sichtbarer machen", so Susanne Funk von der Buchmesse.

Nachhaltig publizieren, aber wie? Dafür lieferte die offizielle Auftaktveranstaltung im Forum Verlagsherstellung erste Denkanstöße. Christian Ide, Professor an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, verwies unter anderem auf den Einsatz von Recyclingpapier. "In der Diskussion, die dazu seit Jahren tobt, zeigt sich jetzt ganz deutlich, dass Recyclingpapier für die meisten Produkte genauso geeignet ist wie frisch produziertes". Ein anderes Thema, das Ide "eigentlich für längst erledigt gehalten" hatte, ist nach wie vor aktuell: Der Chloreinsatz bei der Papierproduktion. Bislang würden nur fünf Prozent des weltweit hergestellten Zellstoffs ganz ohne Chlor auskommen - und 75 Prozent mit Verfahren hergestellt, die lediglich "weitgehend" auf Chlor verzichten.

Auch in den Druckereien sieht Ide noch Optimierungspotenzial: Etwa bei der Abwärme-Nutzung oder dem Einsatz mineralölfreier Druckfarben. Ein Dilemma für die Verlage: Die Vorteile des Digitaldrucks werden dadurch getrübt, dass sich die Tonerpartikel beim Recycling nur schwer aus dem Papier herausfiltern lassen. Hohe Auflage im Offset-Druck, die dann unter Umständen verramscht oder makuliert werden muss - oder punktgenauer zu planende Digitaldruckauflagen, die das Recycling erschweren: Hier müssen die Verlage laut Ide genau abwägen. Auch die Frage, wie sich E-Books auf die Ökobilanz auswirken, ist nach wie vor unbeantwortet: Ihr vielleicht auch im Rahmen des Standardisierungsprojekts auf den Grund zu gehen, wäre für Ide "spannend".

Dass es schon jetzt Standards für umweltfreundliche Produkte gibt, betonte bei der Messe-Diskussion Ulf Jaeckel, beim Bundesumweltministerium für produktbezogenen Umweltschutz verantwortlich. Er skizzierte die Grundlagen des "Blauen Engels", der für Papier und Druckwerke vergeben werden kann und auch vergeben wird. "Die Entwicklung von Standards für eine einzelne Branche zu begleiten - das ist allerdings auch für uns ein Pilotprojekt", so Jaeckel: "Die Buchbranche kann hier zum Vorreiter, zum Modellfall für andere Branchen werden".

Agieren statt reagieren: Diese Devise gab Oekom-Verleger Radloff aus - und erinnerte daran, dass Anstöße bislang eher von außen gekommen seien, etwa durch die WWF-Kampagne gegen Tropenholzpapier im Kinderbuch. Als Akteur positioniert sich derzeit die Druckindustrie, zumindest beim Thema CO2: In diesem Jahr haben mehr als 300 Druckereien deutschlandweit den Klimarechner genutzt, den der Bundesverband Druck und Medien seit 2008 anbietet.

Wie es mit dem Standardisierungsprojekt für Verlage weitergeht, lesen Sie hier.