Gastspiel von Karola Brockmann über den Ratgebermarkt

Dialog tut not

20. Juli 2015
von Börsenblatt
"Wir brauchen von den Verlagen aussagekräftigere Informationen über die Ratgeber", findet die Sortimenterin Karola Brockmann. Die Inhaberin der Buchhandlung Brockmann in Brühl wünscht sich mehr Engagement für Ratgeber – bei Verlagen wie bei Buchhandlungen.
Wenn heute Buchhandlungen eröffnen, setzen die meisten auf Kinderbücher und Krimis – aber warum eigentlich? Denn zumindest beim Krimi im Taschenbuchformat sind die Umsätze rückläufig, während das E-Book hier kräftig wächst. Damit stellt sich die Frage, ob es nicht eher andere Warengruppen sind, die den stationären Handel stärken, etwa Ratgeber. Die Zielgruppe, die bei mir kauft, reicht von jungen Müttern bis zu Senioren; gesucht werden vor allem Titel zu den Themen Lebenskunst, Älterwerden, Wellness, Hirnforschung, Krisenbewältigung und Spiritualität – ein breites Spektrum also. 

Die Krux daran: Das Segment ist offenkundig sehr großzügig gefasst, was einen effizienten Umgang mit ihm schwierig macht. Die Verlage ordnen ihre Titel oft so ungenau in die entsprechenden Warengruppen ein, dass man sich fragen muss, ob das ein Praktikant mal eben so nebenbei übernommen hat.

Psychologie, Religion oder Gesundheit: Wo ein Titel hingehört – das macht für uns Sortimenter nun mal einen großen Unterschied. Zumal wir aussagekräftige Einordnungen brauchen. Buchhändler lesen gern Belletris­tik, da kennen sie sich gut aus, bei Ratgebern hingegen ist für die Lektüre erfahrungsgemäß meist wenig Zeit. Da sind wir auf Input von den Verlagen und wirklich aussagekräftige Klappentexte angewiesen. So wie Gabal zusammen mit anderen Wirtschaftsfachverlagen Verkaufsseminare für Buchhändler anbietet, müsste es solche Informationsveranstaltungen auch für den Ratgeber­bereich geben. Ebenso lohnenswert wäre eine Plattform rund um die nützlichen Bücher. Und warum nicht einen Newsletter installieren, der die Buchhandlung über aktuelle Erkenntnisse informiert, etwa im Bereich der Hirnforschung?

Das alles könnte Orientierung geben auf einem unübersichtlichen Markt. Denn die Verlage sind im Novitätenrausch. In den meisten Fällen aber interessiert es den Kunden gar nicht, ob ein Gartenratgeber nun 2010 oder 2013 erschienen ist – der Titel muss zum jeweiligen Kunden passen. Früher gab es Verlage mit eindeutigen inhaltlichen Profilen. Ihr Name stand im Buchladen oder in der Öffentlichkeit für ein bestimmtes Thema. Heute wollen alle alles machen, und mit starrem Blick auf die Neuheiten vergessen die Verlage ihre Backlist-Pflege.

Deshalb sollten die Verlage darauf achten, dass bereits Cover und Layout Rückschlüsse auf den Buchinhalt zulassen. Bei der Gestaltung sollten Ratgeber nicht die Ästhetik des Internets imitieren – das ist tödlich und signalisiert: Schau doch gleich im Netz nach. Entscheidend ist, dass das Buch genau auf das Thema und die Kundenbedürfnisse zugeschnitten ist und die Zielgruppe erkennbar wird: Gibt der Gartenratgeber nun Tipps für Anfänger, Fortgeschrittene oder Fast-Experten?

Schließlich: Es ist ein Unding, dass auf jeder Verlagshomepage entweder auf den eigenen Direktvertrieb oder auf Amazon hingewiesen wird. Wo bitte bleibt der örtliche Buchhandel? Sortimente und Verlage müssen engen Kontakt halten, etwa um den Werbebedarf beim Sortiment auszuloten. Breit gestreute Ak­tionen nutzen nichts – welcher Buchhändler will schon, dass in jedem Laden dasselbe Display steht? Das gilt auch für Give-aways: Die müssen nicht teuer, sondern auf die Buchhandlung abgestimmt sein. Samentütchen sind im Frühling sinnvoller als Kugelschreiber. Kurzum: Mehr Dialog, bitte! Und her mit sinnvoll aufbereiteten Informationen.

Mehr zum Thema Ratgeber lesen Sie in unserem Online-Special und im aktuellen Börsenblatt Spezial Ratgeber (Heft 12).