Branchenparlament - Versandkosten / Änderung der Verkehrsordnung

"Ware kann nicht kostenfrei transportiert werden"

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Die Verkehrsordnung soll beim Thema Warenbezugskosten ergänzt werden, um die Kostenlast für den Buchhandel abzufedern: Das hat das Branchenparlament des Börsenvereins heute im Frankfurter Haus des Buches beschlossen.

Mit breiter Mehrheit stimmten die Teilnehmer für eine Empfehlung der AG PRO, Paragraf 3 Ziffer 4 der Verkehrsordnung zu ergänzen. Dort heißt es derzeit:

Führen die Bezugsbedingungen dazu, dass der gebundene Ladenpreis eines Werkes, welches nicht über Buchgroßhandlungen oder andere bündelnde Verkehrswege beziehbar ist, unter dem Einstandspreis ("Abgabepreis" des Verlages zuzgl. der Warenbeschaffung) liegt, ist der Abnehmer berechtigt, die Rechnung um den entsprechenden Betrag zu  kürzen.

Die Verkehrsordnung wird an dieser Stelle jetzt um folgende Passage erweitert:

Bei der Berechnung der Zustellkosten soll zugrunde gelegt werden:

  • Bei Büchersendungen bis 1 kg das jeweils gültige Porto der Deutschen Post
  • Bei Lieferungen ab 1 kg der jeweils günstigste Satz der Bücherwagendienste; für Unternehmen, die nicht an Bücherwagendienste angeschlossen sind, der günstigste Satz des jeweiligen Logistik-Kooperationspartners des Börsenvereins.

Es dürfen keine pauschalen Versandkosten, die auch Verpackung und sonstige Versandkosten enthalten, berechnet werden. Soweit der im VLB genannte Ladenpreis überschritten wird, darf der Buchhändler wie in Ziffer 4 Satz 1 vorgehen.

Die Änderungen gehen letztlich auf einen Antrag auf der Hauptversammlung 2012 zurück. Buchhändler Christian Röhrl hatte dort den Vorstoß gemacht, dass nicht die Buchhandlungen, sondern die Verlage künftig die Kosten für den Versand der Ware tragen sollten. Diesem Antrag wollten die Mitglieder damals so nicht folgen. Stattdessen reichten sie das Thema Versandkosten an die AG PRO weiter, die sich im Börsenverein mit Prozessen, Rationalisierungs- und Organisationsfragen in der Branche beschäftigt.

Die AG hat in den vergangenen Monaten intensiv über die Warenbezugskosten diskutiert – mit der abschließenden Empfehlung, den Versand nicht einfach in die Hände der Verlage zu legen, sondern lieber auf eine Optimierung des Gesamtprozesses abzuzielen, wie die AG-Vorsitzende Franziska Bickel im Branchenparlament deutlich machte: "Es ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll, die Versandform ganz den Verlagen zu überlassen". Denn das würde vermutlich zur Einstellung des Büchersammelverkehrs führen, fürchtet Bickel: "Ware kann nicht kostenfrei transportiert werden, weder für die einen noch für die anderen“.

Das Branchenparlament schloss sich am Ende dieser Auffassung an – allerdings gab es durchaus Gegenreden aus dem Plenum. Buchhändler Jörg Robbert ging die Empfehlung eindeutig nicht weit genug: "Die Verkehrsordnung benachteiligt explizit die kleinen Buchhandlungen, die enorm unter Kostendruck stehen. Wir können steigende Kosten nicht an die Kunden weitergeben, was auch zu Lasten der Innovationsfähigkeit geht". Robbert zog sogar in Zweifel, ob die Versandkostenregelung in der Verkehrsordnung so rechtlich haltbar sei und dem Preisbindungsgesetz entspreche.

Thomas Bez von Umbreit machte dagegen deutlich, dass „in der Logistik Kosten entstehen, die irgendjemand bezahlen muss“. Es sei kein Verstoß gegen die Preisbindung, wenn der Empfänger das Porto bezahle, sondern seit Jahrzehnten ein Handelsbrauch. "Das System hat sich bewährt – und wird nicht dadurch billiger, dass es jemand anders bezahlt".