Berater Axel Bartholomäus zur Fusion Thalia / Mayersche

"Das erfordert viel Fingerspitzengefühl"

10. Januar 2019
von Börsenblatt
Der Zusammenschluss von Thalia und der Mayerschen sei geradezu zwingend, meint Axel Bartholomäus von der Unternehmensberatung Bartholomäus & Cie. Doch auf dem Weg zum Erfolg macht der Branchenexperte für Übernahmen und Beteiligungen auch einige Fallstricke aus.

Thalia und die Mayersche fusionieren. Sind das die Partner, die Sie erwartet hätten?

Der stationäre Buchhandel ist eine reife Branche, das heißt: Umsatzwachstum ist nur noch über Akquisitionen möglich, dazu kommen Kostenoptimierungen aus den so genannten Economies of scale. Also sind Konzentrationsprozesse unausweichlich, wie ja das Presse-Grosso ebenfalls regelmäßig zeigt - auch um die Verhandlungsposition gegenüber den Verlagsriesen wie Random House zu verbessern.

Thalia und die Mayersche sind außerdem die Platzhirsche im Rheinland und NRW, hohe Synergiepotenziale wären also offensichtlich. Es bleibt allerdings abzuwarten, was das Kartellamt zu dem Zusammenschlussvorhaben sagt. Der Deal setzt die Konzentrationswelle fort und wird insbesondere das lokale beziehungsweise regionale Wettbewerbsumfeld beeinflussen.

Da klingt Skepsis durch…

Thalia und Mayersche sind die beiden einzigen Filialisten im Großraum Rheinland / Nordrhein-Westfalen. Kommt es zu einer Fusion, bestünde in diesen Regionen im stationären Buchhandel kein relevanter Wettbewerb mehr. Dort verbliebe also lediglich Amazon als Wettbewerber, deshalb wird das Kartellamt vermutlich genau hinsehen. Mit Blick auf den Rest der Bundesrepublik hätte ich dagegen weniger Sorgen.

Die beiden arbeiten schon seit 2015 in der Tolino-Allianz zusammen. Ist es sinnvoll, da auch das stationäre Geschäft gemeinsam zu betreiben?

Das kann hilfreich sein, ist aber meines Erachtens kein wesentlicher Treiber dieser Entscheidung.

Der E-Commerce kennt keine Grenzen. Kann die Fusion dabei helfen, sich im digitalen Geschäft gegen internationale Konkurrenten wie Amazon zu behaupten?

Natürlich ist die Umsatzgröße ein wichtiges Argument, denn sie bedeutet Einkaufsmacht. Allerdings werden die stationären Wettbewerber diese Fusion voraussichtlich stärker spüren als Amazon.

Was macht die Mayersche für Thalia interessant - jenseits der 55 Filialen und des digitalen Geschäfts? Auch Rackjobber Best of Books?

Aus meiner Sicht sind andere Gründe wichtiger, die ich oben schon erwähnt habe: Marktmacht und betriebswirtschaftliche Überlegungen.

"Die Mayersche und Thalia haben das gleiche Verständnis vom Buchhandel und teilen die gleichen Werte", heißt es in der Pressemitteilung zur Fusion. Selbst wenn diese Selbsteinschätzung stimmen sollte - wie schwer ist es, zwei Unternehmen dieser Größenordnung zu fusionieren? Und was sind die größten Fallstricke?

Ganz grundsätzlich findet bei Fusionen und Übernahmen die Wertschöpfung immer erst nach dem Deal statt, also in der Integration der Organisationen. Ob die gelingt - das ist in erster Linie eine Frage von persönlichem Führungsverhalten und der Umsetzung eines Integrationsplans, die - soweit möglich - wenige Widerstände auslöst und keine unmittelbaren Verlierer hat. Hier wollen zwei Unternehmen zusammengehen, die zwar aus dem gleichen Marktumfeld kommen und daher die gleichen Herausforderungen kennen, aber natürlich bisher auch lokale Wettbewerber waren. Das erfordert viel Fingerspitzengefühl.

"Wir setzen auf beständige Allianzen, denn wir im deutschen Buchhandel sind erfolgreicher, wenn wir gemeinsam handeln": So kommentiert Michael Busch die Fusion. Mit einer ähnlichen Maxime startete 2006 die "Star-Alliance" von Hugendubel und Weltbild, die 2014 nach der Insolvenz von Weltbild wieder mühsam entflochten werden musste. Ist der Schulterschluss, der Aufbruch zu neuer Größe tatsächlich eine Erfolgsgarantie?

Meiner Ansicht nach ist Größe einfach zwingend, wie weiter oben schon begründet.

Thalia und Mayersche geben an, sie würden durch den Zusammenschluss zum "bedeutendsten familiengeführten Sortimentsbuchhändler in Europa". Aber ist das schon ein Wettbewerbsvorteil?

Für sich genommen ergeben sich  Wettbewerbsvorteile aus der Größe, aber nicht aus der Inhaberschaft.

Müssen sich die Verlage jetzt noch wärmer anziehen, wenn es um Konditionenverhandlungen und Werbekostenzuschüsse geht?

Angesichts der Konzentrationsprozesse im Handel ist das durchaus zu erwarten. Zum Glück sichert die Buchpreisbindung in Deutschland den Verlagen auch einen gewissen Schutz.

Werden die weiteren Filialisten Osiander und Hugendubel ebenfalls nach Partnerschaften Ausschau halten müssen?

Osiander ist deutlich kleiner und sichert seine regionale Marktposition im Süden/Südwesten ab, indem dort inhabergeführte Buchhandlungen übernommen werden. Und Hugendubel könnte unter dem Aspekt der Umsatzgröße eigentlich nur noch mit Weltbild zusammengehen, um an die beiden Großen anzuschließen - aber das Thema hatten wir ja schon mal ...

Mehr zur Megafusion im Buchhandel lesen Sie hier, weitere Einschätzungen aus der Branche gibt es hier, eine Stellungnahme von Osiander hier.