Diskussion über die Montagsbelieferung

Wenn der Bücherwagen montags nicht kommt

18. Juli 2019
von Börsenblatt
Die Buchlogistik in Deutschland ist ausgefeilt – Sortimenter können ihren Kunden fast jedes gewünschte Buch über Nacht besorgen. Doch jetzt ist über die Montagsbelieferung eine Diskussion entbrannt.

Buchhandlungen, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, werden an sechs Tagen in der Woche von ihrem Bücherwagendienst angefahren – auch wenn das für die Barsortimente teuer und kompliziert ist. Seit der Ladenschluss-Novelle von 2003, mit der die Samstagsöffnung bis 20 Uhr erlaubt wurde, ist das so. Und für die Buchhändler gehört es seither zum buchhändlerischen Leistungsportfolio, samstags bestellte Ware montags bereithalten zu können. Wenn der Sinn der Montagsbelieferung zur Disposition gestellt werde, könnte irgendwann die Übernachtlieferung per se in Zweifel gezogen werden, befürchtet etwa Dieter Dausien vom Buchladen am Freiheitsplatz in Hanau (siehe Gastspiel). Allerdings werden schon jetzt längst nicht alle Buchhandlungen an Montagen vom Bücherwagendienst angefahren:

  • KNV beliefert etwa 4.200 Buchhandelsfilialen in Deutschland, etwa 1.000 der Bücherwagendienst-Kunden werden auch montags angesteuert. Im Mai jedoch wurde im Zuge der KNV-Insolvenz die Montagsbelieferung von rund 160 Buchhandlungen gestrichen.
  • Wettbewerber Libri beliefert rund 2.500 seiner 4.500 Kunden auch montags. Kriterium für die Belieferung ist das Jahresbestellvolumen. "Wir rechnen im Schnitt mit zwei gefüllten Libri-Wannen pro Tag und Buchhandlung. Mit von Bedeutung ist auch der Online- und Abholfachumsatz – das Versprechen Richtung Endkunden", so Libri-Geschäftsführer Eckhard Südmersen.
  • Beim Barsortiment Umbreit erhalten etwa 25 Prozent der 2.000 Barsortimentskunden montags Ware.

Kleine und kleinste Bestellmengen, wegen Samstagsarbeit hohe Personalkosten im Lager, teilweise andere Fahrer und Fahrzeuge und das bei steigenden Energiepreisen – Umbreit-Geschäftsführer Clemens Birk wäre heilfroh, wenn der Prozentsatz der montags zu beliefernden Buchhandlungen weiter sinken würde. "Jeder Kilometer, der nicht gefahren werden muss, tut uns wirtschaftlich und ökologisch gut", sagt er. Die Transportlogistik sei aufgrund der Strukturveränderung im Handel und ständig steigender Kosten seit Jahren defizitär. Die Transportgebühren müssten um mindestens 30 Prozent erhöht werden, so Birk.

Für den Buchhandel dürfte das keine Option sein. Und es sollte auch keine sein, meint zumindest Dieter Dausien. Jeder Anbieter habe schließlich Faktoren in seinem Leistungsport­folio, die nicht direkt vom Kunden refinanziert werden, so Dausien. Bei ihm seien das zum Beispiel Leseförderung und Veranstaltungsprogramm. Mit steigenden Zustellgebühren rechnet er trotzdem.

Die Buchhandlung Musial in Recklinghausen hat die Montagsbelieferung für das eigene Geschäft unter die Lupe genommen – und auf Facebook eine Debatte über die Notwendigkeit der Belieferung über den Bücherwagendienst an sechs Tagen die Woche entfacht. Patrick Musial jedenfalls ist zu dem Ergebnis gekommen, dass er zumindest außerhalb der Weihnachtszeit montags auf den Bücherwagen verzichten könnte. Sechs Wochen soll der Feldversuch laufen. Auslöser dafür waren die zunehmenden Klagen der Barsortimente, die Montagsbelieferung sei defizitär. "Unser Interesse muss sein, die Barsortimente auch in ihrer Vielfalt zu erhalten", sagt Musial. Ob es bei dem Verzicht bleibt, entscheiden seine Kunden. Musial kann sich vorstellen, dass die Montagsbelieferung zumindest in der ­Ferienzeit von keinem vermisst wird. Und er möchte nicht missverstanden werden: "Ich bin absolut dafür, dass der hervorragende Service unserer Branche erhalten bleibt", betont er.

KNV mit Umbreit, Libri und KNV zumindest versuchsweise in Berlin – Zusammenschlüsse sind immer Thema, wenn es um die Effizienz der Bücherwagendienste geht. Der neue KNV-Eigner, Zeitfracht-CEO Wolfram Simon-Schröter, erklärte im Börsenblatt-Interview, es gebe Überlegungen, sowohl mit Umbreit als auch mit Libri zu kooperieren. Umbreit hat bereits in der Vergangenheit mit KNV zusammengearbeitet, musste diese Partnerschaft aber im Zuge der Insolvenz beenden. Birk schließt Gespräche mit den neuen KNV-Inhabern nicht aus, betont aber, dass die eigene Logistik, die man in den vergangenen Monaten aufgebaut habe, mittelfristig nicht geändert werden soll. "Was wir als kleineres Unternehmen in jedem Fall vermeiden wollen, ist, in eine Abhängigkeit zu geraten", sagt Birk. Aus Hamburg heißt es: "Libri ist immer gesprächsbereit." Die Nutzung von Synergieeffekten sei auch immer eine Basis für Kostensenkungen und würde zum Umweltschutz beitragen. "Bei den heutigen Preisen ist der Bücherwagendienst ein signifikantes Zuschussgeschäft, und das wird bei den anderen Marktteilnehmern wohl nicht anders sein", so Südmersen.