Michael Kozinowski über die Stärke des Fachbuchhandels

Die Präsenz der Bücher

25. Juli 2019
von Börsenblatt
Der Fachbuchhandel vor Ort ist durch keinen Onlinehändler zu ersetzen. Persönliche Ansprache, schneller Service und ein hochkarätiges Sortiment sorgen für Zulauf und Umsatz – das erlebt Michael Kozinowski täglich.

Auch wenn der Fachbuchhandel seine Aktivitäten mehr und mehr ins Internet verlagert, ist das stationäre Geschäft, das ich seit über 20 Jahren in Wuppertal betreibe, nach wie vor nicht zu ersetzen. Und das sehen auch unsere B2B-Kunden aus der örtlichen Wirtschaft so. Die Entscheider der mittelständischen Industrie, die hier in Wuppertal ansässig ist, wissen, dass man seinen Mitarbeitern eine Stadt bieten muss, die interessant ist und eine große Vielfalt bietet. Dazu gehört auch, dass die Firmen verstärkt vor Ort einkaufen und den persönlichen Kontakt zu mir und den anderen Einzelhändlern suchen – "buy local". In dieser Hinsicht mache ich es unseren Firmen- und ­institutionellen Kunden leicht. Wenn eine Bestellung bei uns eintrifft, kann ich die Bücher mit einem fahrenden und zwei laufenden Boten bis zum nächsten Tag zustellen. Das kann ein ­Internet-Versandhändler nicht besser.

Unser Vor-Ort-Service trägt entscheidend zum Erfolg bei, denn unser Rechnungsgeschäft hat mit 60 bis 70 Prozent einen gleich hohen Umsatzanteil wie vor zehn Jahren. Vor allem im Dezember und besonders im Januar, wenn die Jahresrechnungen für Abonnements bezahlt werden, ist der Anteil besonders hoch. Der RWS-Anteil sinkt allerdings stetig, was auch mit der Verlagerung auf digitale Angebote zu tun hat. Viele Kunden kommen auch nicht mehr dazu, ihre Ergänzungslieferungen für Loseblattwerke einzusortieren. Ich glaube, dass dieses Medium noch etwa zehn Jahre eine Rolle spielt, danach werden nur noch Exoten ihre Ergänzungslieferungen einsortieren. Die allgemeinen Gesetzessammlungen sind geschäftlich kaum noch relevant, interessant wird es noch bei kommentierenden Werken zu speziellen Rechtsgebieten wie zum Beispiel dem Umweltrecht. Da kann für eine Ergänzungslieferung schon mal eine dreistellige Summe aufgerufen werden.

Was sich im Geschäft verändert hat, ist die Kommunikation mit den Kunden. Die Hälfte bestellt inzwischen via E-Mail oder direkt in unserem Webshop, die anderen 50 Prozent kommen nach wie vor in den Laden, der ja auch mit Titeln aus dem allgemeinen Sortiment bestückt ist. Sehr erfreulich: Der Barumsatz im Laden ist in jüngster Zeit zweistellig gestiegen – was auch mit dem wachsenden Angebot zu tun hat. So haben wir jetzt in Ko­operation mit der WBG 300 höherpreisige Titel ins Sortiment aufgenommen, für die die Kunden gern Geld ausgeben. Vor allem bei Themen wie Geschichte, Politik und Wirtschaft sind wir gut aufgestellt.

Fachbuchveranstaltungen haben leider nicht mehr die gewünschte Resonanz, da gibt es zu viel Konkurrenz durch Events, die von der IHK oder Wirtschaftsverbänden organisiert werden. Dafür finden unsere Veranstaltungen mit Autorinnen und Autoren der gehobenen Belletristik, die wir in Ko­operation mit dem Katholischen Bildungswerk organisieren, viel Zuspruch. Wenn sich "nur" 70 Besucher anmelden, finden die Lesungen bei uns in der Buchhandlung statt, steigt die Zahl auf bis zu 120, können wir in den Saal des Katholischen Bildungswerks umziehen. Bei den Lesungen sind wir vom Glück verfolgt: Es gibt keinen Abend, an dem weniger als 40 Gäste kommen. Das ist insofern erstaunlich, als es in Wuppertal ­Autorenlesungen in Hülle und Fülle gibt.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich noch für lange Zeit hier in der Buchhandlung wirtschaftlich erfolgreich arbeiten kann, obwohl der Gesetzgeber es uns manchmal schwermacht – ich denke da etwa an die neue Verpackungsverordnung oder die neue GoBD, die uns zur EDV-Umstellung zwingt. Aber die Lust an Büchern kann uns niemand nehmen.

Michael Kozinowski ist Inhaber der Buchhandlung Klaus v. Mackensen in Wuppertal-Elberfeld, die mit dem Deutschen Buchhandlungspreis 2019 ausgezeichnet wird (undotiertes Gütesiegel).