Die Sonntagsfrage

"Wie reagiert die Kunstwelt auf Ihre interaktiven Filmbücher, Herr Kliefoth?“

23. November 2019
von Börsenblatt
Zeitgenössische Videokunst im Buch? Der DISTANZ Verlag verbindet gedrucktes Buch und App zu interaktiven Kunsterlebnissen. Der Leser scannt ein Bild aus dem Buch und die dazugehörigen Videos und Sounds werden aus der Cloud auf dem mobilen Endgerät abspielt. Wer macht das? Wie oft wurde die App bisher heruntergeladen? Antworten von DISTANZ-Verleger Matthias Kliefoth.

Wie viele Bücher gibt es bei DISTANZ bereits mit App? Die DISTANZ App, eine Erweiterung des gedruckten Buches in den digitalen Raum, ist im Oktober erschienen. Bisher sind im Zusammenspiel von Buch und App zwei interaktive Künstlermonografien und ein Sammlungskatalog entstanden. Letzterer war der Anstoß für die Entwicklung der App. Gemeinsam mit der Sammlung Wemhöner sind wir der Frage nachgegangen, wie Videokunst adäquat in Buchform abgebildet werden kann. So entstand vorerst ein Prototyp unserer App, der die im Buch gezeigten Filmstills von Künstlern wie Julian Charrière oder Hans Op de Beeck in Bewegung versetzt. Darauf folgten zwei Monografien mit dem chinesischen Künstler Yang Fudong und der Berliner Künstlerin Mia Florentine Weiss.

Apps zu Kunstbüchern gibt es schon sehr lange, z.B. 2013 zum Fotoband „Benjamin Katz: Georg Baselitz at Work“. Was macht Ihre App besonders? Apps gibt es viele, aber oft bieten sie nur wenig Mehrwert für das Buch und sind in ihrer Benutzung sperrig. Das machte mich neugierig eine wirklich nutzbare Alternative für das Kunstbuch zu entwickeln, die beide Medien miteinander gekonnt verbindet.

Ich glaube nach wie vor an den immensen Wert künstlerischer Publikationen. Daher haben wir in der Entwicklung besonderen Wert daraufgelegt, dass das Buch im Fokus bleibt. Dies geschieht durch den Einsatz von Augmented-Reality-Technologie und einer einfachen Benutzeroberfläche: Anstatt durch das Scannen eines QR-Codes auf eine entsprechende Website mit Bonusmaterial geführt zu werden, können die Leser*innen unserer Bücher mithilfe ihres Smartphones eine weitere Ebene der Betrachtung erfahren, die das Buch nicht infrage stellt. Schließt man das Buch oder blättert eine Seite weiter, stoppt auch das Video auf der App.

Musste die App nur einmal entwickelt werden und kann dann für weitere Kunstbücher genutzt werden? Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Berlin und der Künstlerin Mia Florentine Weiss den ersten Prototypen der App zur DISTANZ App weiter entwickelt, die innerhalb des entstandenen Kataloges binnen von Sekunden Inhalte aus der Cloud abspielt. Wie die App von nun an genutzt wird, ist den Bedürfnissen unserer Künstler*innen und Institutionen überlassen. Von der Abbildung von Videokunst und Performance bis hin zur Ergänzung durch dokumentarisches Material stehen da viele Umsetzungsmöglichkeiten offen, die mich neugierig auf die nächsten Projekte schauen lassenen.

Wie oft ist die App bisher heruntergleaden worden? Dem Hunger nach Klicks und Likes sind wir ja bereits täglich zu genüge in den Sozialen Medien ausgesetzt. Mit der App geht es DISTANZ vielmehr um die Nutzbarmachung einer innovativen Technologie, die fern ab von Algorithmen funktioniert und einen Mehrwert für die Dokumentation und Darstellung von zeitgenössischer Kunst in Buchform bringen soll.

Wie sind die Reaktionen aus der Kunstwelt? Die Reaktionen aus der Kunstwelt sind jedenfalls durchweg positiv und voller Neugier. Schließlich kam der Impuls zur App aus der Kunstwelt durch die Sammlung Wemhöner. Die Zusammenarbeit mit der Künstlerin Mia Florentine Weiss, die in 47 Videos ihre Europareise dokumentiert und mit Statements namhafter Weggefährt*innen versieht, war eine weitere und wichtige Kooperation.