Interview zur Verödung der Innenstädte

Unzufriedenheit der Bürger steigt

14. Januar 2020
von Börsenblatt
Der Handelsverband Deutschland HDE hat in diesen Tagen einen Brandbrief an Bundesinnenminister Horst Seehofer geschickt und ihn aufgefordert, mehr gegen die Verödung der Innenstädte zu tun. Was sich der Verband davon erhofft, erläutert Michael Reink, HDE-Bereichsleiter Standort- und Verkehrspolitik, im Interview.

Warum schreiben Sie den Brief gerade jetzt?
Wir haben den Bundesminister bereits Anfang des vergangenen Jahres in Bezug auf die Verödung unserer Innenstädte und somit der Handelsstandorte Nummer eins angeschrieben. Unseres Erachtens hat diese Frage einen hohen gesellschaftlichen Wert, da mit dem Verlust an Sogwirkung durch den Handel nicht nur ein Weniger an Versorgung verbunden ist, sondern auch ein Verlust an ehrenamtlichem Engagement durch den Handel und Heimatgefühl bei den Bewohnern. Diesem Stellenwert wird die Politik nicht gerecht, so dass dieser offene Brief notwendig war.

Gibt es neue Zahlen zur Entwicklung der Kundenfrequenz?
Die Kundenfrequenzen gehen kontinuierlich zurück. Dabei müssen wir festhalten, dass einige Highstreets in den Großstädten und Metropolen davon kaum betroffen sind. Jedoch sind auch hier die B-Lagen sowie Nebenzentren berührt. Insbesondere in den Mittel- und Kleinstädten ergeben unsere laufenden Mitgliederbefragungen leider ein eindeutiges Bild: die Frequenzen nehmen kontinuierlich ab.

Was erhoffen Sie sich von dem Brief?
Die Politik muss das Thema weit oben auf die Agenda setzen, denn die zunehmenden Leerstände werden auch zu einer steigenden Unzufriedenheit der Bürger führen. Die Korrelation zwischen einer unzureichenden Ausstattung mit guten Angeboten (auch Handelsangeboten) und dem „sich abgehängt fühlen“ ist vielfach beschrieben. Daher fehlt es nicht an der Analyse, sondern an der Umsetzung konkreter Maßnahmen. Hierzu liefern wir im Zuge des 11-Punkte-Plans erste Sofortmaßnahmen, deren Umsetzung wir gern aktiv begleiten.

Wie wollen Sie Ihre Forderungen nachhalten?
Die Maßnahmen sind das Ergebnis eines kontinuierlichen Austauschs mit unseren Mitgliedern, thematisch korrespondierenden Verbänden, der Bundespolitik sowie der Zusammenarbeit mit den Bundesministerien - beispielsweise im Rahmen der Dialogplattform Einzelhandel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Daher ist der offene Brief sowie der 11-Punkte-Plan ein bewusster Akzent in der laufenden Arbeit.

Werden Sie unterstützend die Händler ins Boot holen?
Die Arbeit des Handelsverband Deutschland stützt sich immer auf die Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern. Daher sind unsere Mitglieder Wissens- und Ideengeber und somit auch integraler Bestandteil des 11-Punkte-Plans. Die einzelnen im 11-Punkte-Plan herausgestellten Maßnahmen werden daher mit Unterstützung unserer Mitglieder vorangetrieben.

Welche Maßnahmen muss die Politik ergreifen? Was ist Ihnen am wichtigsten? Stimmen Sie ab!