Rabattkürzungen

Hört auf zu jammern!

13. Februar 2020
von Börsenblatt
Auf boersenblatt.net wird heftig diskutiert über die Rabattkürzung, die Libri für Titel unter fünf Euro vorgenommen hat. Franziska Bickel kann das nicht verstehen und fordert dazu auf, den Blick zu weiten.

Nun ist es also wieder so weit: Erst regt sich der Buchhandel furchtbar darüber auf, dass Libri (nach einer Aufstockung des Angebots auf fast eine Million Titel) Bücher, die sich schlecht verkaufen, wieder aussortiert. Und wenn die Titel dann wieder aufgenommen werden, regt man sich darüber auf, dass Libri es nun wagt, wirtschaftlich zu handeln und deshalb niedrigpreisige Produkte mit einem verminderten Rabatt ausliefert.

Schlanke Prozesse

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, hört bitte auf zu jammern. Vor vielen Jahren gab es kein einziges Schulbuch / Workbook bei den Barsortimenten – die Kunden mussten lange auf die für uns Händler aufwendige Einzelbestellung warten. Wie glücklich waren wir alle, als die Barsortimenter sich mit Klett, Cornelsen etc. geeinigt hatten und dem Handel stolze 15 Prozent Rabatt statt der 25 Prozent beim Verlag angeboten haben. Es soll auch heute noch große Marktteilnehmer geben, die in Zeiten der elektronischen Bestellwege, die sicher schneller sind als damals die Bücherzettel, ganze Klassensätze für Kunden sowie ihr gesamtes Schulbuchgeschäft fürs Lager über ein Barsortiment abwickeln. Warum wohl? Weil man verstanden hat, dass schlanke Prozesse und große Geschwindigkeit auch bei schlechteren Konditionen einen Gewinn bedeuten.

Zu Beginn meiner Karriere habe ich unter anderem im Oldenbourg Verlag gearbeitet, dessen Druckerei, zumindest damals, nicht nur Bücher, sondern auch Geldnoten gedruckt hat. Nicht nur deshalb war der Verleger jemand, der sehr auf Zahlen geschaut hat: In den 80ern hat er eine die Branche aufrüttelnde Berechnung aufgestellt: Jede einzelne Rechnung, die zu bearbeiten ist (egal, ob für eine Einzelbestellung oder eine große Lager­ergänzung), koste den Betrieb alles in allem gut 20 Mark. Durch elektronisches Bestellen und elektronische Lieferscheine hat sich das sicherlich etwas verbessert, dennoch ist die Arbeitszeit für so einen einzelnen Vorgang die gleiche.

Anstatt sich zu freuen, dass die Anzahl der aufwendigen Kleinst-und Einzelbestellungen durch ein Barsortimentsangebot sinkt, wird nun wieder lamentiert – etwa darüber, dass die Rechnung für den Verlag XY wieder mal höher war als der ­Ladenverkaufspreis. Dabei ließe sich die neu gewonnene freie Arbeitszeit endlich dazu verwenden, der Kundschaft, die den Laden betritt, ein schönes, teures, mit guten Konditionen von 40 oder 45 Prozent eingekauftes Hardcover-Exemplar verkaufen zu können.

Auch das ist Rationalisierung

Natürlich ist die Forderung berechtigt, möglichst wenig Bücher unter fünf Euro anzubieten. Viele Verlage sind ja offensichtlich nun auch dazu übergegangen, ihre Fünf-Euro-Preise auf sechs Euro oder acht Euro anzuheben. Aber die Vorteile der Preisbindung sollten auch positiv wahrgenommen werden von allen Marktteilnehmern – während das Klein-Klein und das Gejammere nicht unbedingt in die Öffentlichkeit getragen werden sollten.

Im Übrigen leben wir in einer freien Marktwirtschaft, in der niemand an einen bestimmten Lieferanten gebunden ist. In der es jedem freisteht, zu einem anderen Barsortiment zu wechseln, das zum Beispiel pauschal für alle Produkte (außer Schulbuch) zum gleich hohen schönen Grundrabatt liefert von 35 beziehungsweise 37,5 Prozent ab einer Bestellmenge g­rößer / gleich drei Exemplare … Auch das ist Rationalisierung. Es ist immer schlecht, nur von einem Player abhängig zu sein. Schöne Grüße von der Rationalisiererin.

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