Recht

Leipziger Buchmesse abgesagt – und wer zahlt?

3. März 2020
von Börsenblatt
Hotelbuchung, Bahnfahrt, Messestand: Die Aussteller der Leipziger Buchmesse haben viele Leistungen bereits beauftragt, Tickets gebucht und Verträge geschlossen. Nun fällt die Messe aus – wer zahlt?

Tickets aus dem Vorverkauf: Die Tickets können zurückgegeben werden, der Kaufpreis wird zurückerstattet. Über das genaue Verfahren will die Leipziger Buchmesse in den nächsten Tagen auf der Website der Leipziger Buchmesse und der Manga-Comic-Con informieren: www.leipziger-buchmesse.de/absage

Hotelzimmer: Es entstehen häufig zumindest anteilsmäßige Kosten – ein Recht auf Rückerstattung gibt es zumeist nicht. Es gelten die AGB.

Reisekosten: Bahnfahrten zur Leipziger Buchmesse können aufgrund der Absage kostenfrei storniert werden (https://www.bahn.de/p/view/home/info/corona_kommunikation.shtml)

Bei Flugtickets, Flixbus oder Mietwagen sieht es anders aus – hier entscheiden die AGB oder die Kulanz des jeweiligen Anbieters. Lufthansa und weitere Anbieter erstatten das Geld nur für ausgefallene Flüge oder im Fall von Reisen in Gebiete, für die es eine Risikowarnung des Auswärtigen Amts gibt - dies trifft auf Leipzig nicht zu.

Messeauftritt:

Das Geld für den Messestand gibt es zurück, da die Leipziger Buchmesse offiziell abgesagt wurde: Anders sieht es mit beauftragten Speditionen, Messebauern, Dienstleistern aus. Hierzu der Hinweis auf die AGB der Leipziger Buchmesse (Punkt 23.1): "Bei Ausfall der Messe wird die vorgesehene Mietzahlung gegenstandslos. Bereits entrichtete Beiträge werden zurückerstattet. Der Aussteller hat jedoch bereits ausgeführte Arbeiten und Dienstleistungen in voller Höhe zu zahlen."

Die Absage aufgrund des Coronavirus ist aus Sicht des Rechtsanwalts Tilman Winterling, mit dem Börsenblatt online gesprochen hat, ein klassischer Fall für "höhere Gewalt". Da die Messe ausfällt, sei laut den AGB "die vorgesehene Mietzahlung" gegenstandslos.

Das gilt aber nur für diese Mietzahlung! "Hotelbuchungen, Messebauer und Spediteure haben meist eigene AGB, in denen etwas ganz anderes stehen kann. Daher muss man unbedingt in die Vertragsunterlagen schauen, was hier vereinbart wurde. Gibt es keine Vereinbarungen hierzu, gelten die gesetzlichen Regelungen. Im Falle von bestellten Werkleistungen könnte dies unter anderem auf § 648a BGB gestützt werden. Bei einer solchen Kündigung kann der leistende Unternehmer aber die Vergütung verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt (§ 648a Abs. 5 BGB). Auch kommt das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht (§ 313 BGB)."

Als grobe Faustregel gilt: Jeder zahlt seine Kosten selbst, bereits erbrachte Leistungen zahlt der Kunde, noch zu erbringende / beauftragte Leistungen der Dienstleister. In vielen Fällen wird es auf eine gütliche Einigung mit Dienstleistern außerhalb des Gerichtssaals hinauslaufen. 

"Hier sind alle ein Stück weit erleichtert, dass die Buchmesse abgesagt wurde. Schon in den vergangenen Tagen hatten sich Mitarbeiter mit Kindern gefragt, was denn passieren würde, wenn sie nicht mehr aus Leipzig herauskämen; sie wären letztlich nicht gefahren. Es klar, dass schon viele Kosten entstanden sind – aber in dieser außergewöhnlichen Situation werden wir sicher nicht um Euros streiten; man muss jetzt miteinander reden. Das große Gebot der Stunde heißt jetzt Kulanz – gerade vor dem Hintergrund der gesundheitlichen Gefährdung", sagt etwa Britta Kierdorf, Sprecherin von ArsEdition. 

Viele Verlage haben bereits mit anderen verschobenen Messen Erfahrung gesammelt, wie zum Beispiel Ulrike Metzger, Verlagsleitung Kinder- und Jugendbuch bei S. Fischer für ihr Haus erläutert: "Da wir uns entschieden haben, nicht auf die verschobene Jugendbuchmesse in Bologna zu fahren, haben wir das Thema Absage schon einmal durchgespielt: Geld für die günstigen Flüge werden wir wahrscheinlich nicht oder ganz geringfügig erstattet bekommen; derzeit gibt es bei der Lufthansa unterschiedliche Aussagen darüber – vermutlich wartet man dort auf die offizielle Reisewarnung . Auf den Hotelkosten werden wir sicherlich sitzenbleiben; bezüglich der Standkosten konnten wir die in den AGBs von Fierebologna geregelte Stornierungsfrist noch einhalten. Die erste Rate haben wir Verlage natürlich schon bezahlt. Dem Messebauer werden wir sicher Teilkosten erstatten, es sind ja auch schon Leistungen erbracht worden. Leipzig wurde ganz offiziell abgesagt, nicht verschoben, daher liegt der Fall Bologna natürlich momentan noch anders. Unter den gegebenen Umständen ist das jedoch alles völlig akzeptabel."

Mitarbeiter krank oder in Quarantäne: Wer zahlt?

Mitarbeiter, die krank sind und darum zu Hause bleiben müssen, erhalten weiterhin ihr Gehalt - bei Covid-19 gelten dieselben Regeln wie auch sonst im Krankheitsfall.

Für Unternehmen ist aber eine andere Regel wichtig: Ist ein Mitarbeiter nicht selbst krank, unterliegt aber einer Quarantäne-Anordnung, dann hat der Mitarbeiter laut Infektionsschutzgesetz einen Entschädigungsanspruch - und zwar in Höhe des Verdienstausfalls. Diese Entschädigung muss der Arbeitgeber zahlen – das Unternehmen kann sich das Geld aber erstatten lassen. Wichtig: Beim zuständigen Gesundheitsamt innerhalb von drei Monaten einen Antrag stellen!

Zeigt ein Mitarbeiter am Arbeitsplatz Anzeichen für eine Erkrankung mit Covid 19, sollten Unternehmen ihn nach Hause schicken, damit er (zunächst telefonisch) Kontakt mit seinem Hausarzt aufnimmt – und Kontakt mit dem Gesundheitsamt aufnehmen.

Mitarbeiter kommt nicht zur Arbeit

Selbst wenn der Nahverkehr eingestellt wird, das Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer. Bedeutet: Mitarbeiter sind grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, pünktlich bei der Arbeit zu sein. Gibt es aber keine Möglichkeit, zur Arbeit zu kommen, bekommt der Mitarbeiter im Zweifel kein Geld – muss aber auch nicht mit Sanktionen rechnen.

Mitarbeiter sagt Dienstreise ab – darf er das?

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer verpflichtet, Dienstreisen anzutreten. Angst, sich mit Covid 19 anzustecken, ist kein Grund, eine Dienstreise zu verweigern.  Ausnahme: Es gibt eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amts.