Offener Brief des Hugendubel-Gesamtbetriebsrats

"Dies sollte nicht der Führungsstil sein"

15. September 2015
von Börsenblatt
Wegen der Übergabe des kompletten Karstadt-Buchgeschäfts an Hugendubel, wendet sich der Hugendubel-Gesamtbetriebsrat in einem Offenen Brief an die Geschäftsführung. Der Vorwurf: Die Kollegen der DBH-Warenhaus seien "viel zu spät" über anstehende Filialschließungen und das neue Flächenkonzept informiert worden. "Dies sollte nicht der Führungsstil in einem Familienunternehmen sein", rügen die Betriebsräte.

Der Offene Brief ist an Nina Hugendubel und Maximilian Hugendubel sowie an die Mitglieder der Geschäftsführung gerichtet. "Mit großer Verwunderung haben wir erfahren, dass unsere Kolleginnen und Kollegen der DBH-Warenhaus und der dortige Betriebsrat viel zu spät und vollkommen unzureichend über die anstehenden Filialschließungen und das neue Flächenkonzept bei Karstadt unterrichtet wurden", so der erste Satz.

Weiter heißt es im Wortlaut: "Wir rügen, dass auch in diesem Fall die Beteiligungsrechte des Betriebsrates nicht vollumfänglich beachtet wurden. Die in § 2 Betriebsverfassungsgesetz geforderte vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gilt für beide Betriebsparteien gleichermaßen, jedoch müssen wir immer wieder feststellen, dass Sie diese grundlegende Verpflichtung offensichtlich nicht achten.

Gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten, insbesondere mit der Konkurrenzsituation durch das Internet, sind ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal des stationären Buchhandels die engagierten und kompetenten Beschäftigten vor Ort. Durch Ihren Umgang mit unseren Kolleginnen und Kollegen bei der DBH-Warenhaus zeigen Sie, dass Ihnen die Fürsorge den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen und der Personalplanung verloren geht. Dies sollte nicht der Führungsstil in einem Familienunternehmen sein."

Mit Entsetzen habe der Betriebsrat in den Medien vom neuen Flächenkonzept ohne Beschäftigte gelesen. Und fährt in seinem Offenen Brief fort: "Wie passt dies mit den in vielen Interviews abgegebenen Bekenntnissen von Frau Hugendubel zur Filiale vor Ort und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen?

Ebenso steht dieses Konzept im Widerspruch zu den Zielen des 'Kunden im Fokus', den Bemühungen, mehr Zeit für den Kunden zu haben, und den Schulungen zum aktiven Verkaufen, die gerade mit erheblichem Aufwand durchgeführt werden. Soll dieses Konzept die Zukunft von Hugendubel sein, gut 150 Jahre nach Gründung der Buchhandlung?

Wir stellen uns keineswegs gegen neue Ansätze im Handel, wie die Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen zeigt, alle Vertriebskanäle engagiert zu bewerben. Jedoch sehen wir angesichts der neuen Meldungen mit Sorge in die Zukunft.

Ein neues Geschäftsmodell sollte tatsächlich mehr Zeit für den Kunden beinhalten, und nicht mehr Platz für den Kunden, weil die Buchhändlerinnen und Buchhändler auf der Fläche fehlen!

Soll zukünftig der altehrwürdige Buchhändlername 'Hugendubel' für dieses Konzept stehen? Wir befürchten, dass dann unser Unternehmen nicht mehr als Synonym für kompetenten Buchhandel wahrgenommen wird, sondern als Discounter."

Hintergrund

Ende August hatten Hugendubel und Karstadt vereinbart, dass die Münchner das komplette Buchgeschäft des Warenhauses übernehmen − und die Flächen reduzieren könne. Im Zuge der Übergabe sollten acht von 18 bestehenden Filialen bei Karstadt bis Anfang 2016 geschlossen und zeitnah in kleinere Shop-in-Shops (je rund 30 Quadratmeter) umgewandelt werden. Betroffen davon seien 37 Mitarbeiter, hatte Hugendubel mitgeteilt. Zudem sollen neue Shop-in-Shops in weiteren Karstadt-Filialen eröffnet werden − Hugendubel will zunächst in insgesamt 37 Karstadt-Häusern vertreten sein. In den Shops werden keine ausgebildeten Buchhändler mehr beschäftigt.