Piper trauert um Autorin

Brigitte Hamann ist tot

5. Oktober 2016
von Börsenblatt
Die deutsch-österreichische Historikerin Brigitte Hamann ist am 4. Oktober in Wien im Alter von 76 Jahren gestorben, wie der Piper Verlag unter Bezug auf ihre Familie mitteilt.

"Mit Brigitte Hamann verliert der Piper Verlag eine große Autorin, die über Jahrzehnte prägend war für das zeithistorische Programm des Verlags", so der Münchner Verlag in seinem Nachruf. Brigitte Hamann wurde am 26. Juli 1940 als Brigitte Deitert in Essen geboren. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Münster und Wien, heiratete 1965 den Wiener Historiker Günther Hamann. Ein Jahr später erhielt sie auch die österreichische Staatsbürgerschaft.

Seit 1986 – damals erschien "Bertha von Suttner. Ein Leben für den Frieden" – sei sie mit ihren großen Büchern Autorin des Piper Verlags gewesen, heißt es weiter im Nachruf der Münchner. Ihre frühen Publikationen über Kronprinz Rudolf (zugleich ihre Doktorarbeit) und über Kaiserin Elisabeth (Sisi) erschienen bei Piper als Taschenbücher und seien seit Jahrzehnten Klassiker. Hohe Anerkennung durch die Zunft der Zeithistoriker erfuhr sie für "Hitlers Wien – Lehrjahre eines Diktators" (1996). Hans Mommsen etwa oder der englische Hitler-Biograph Ian Kershaw betonten immer wieder die Bedeutung von Hamanns Forschungen für die Bewertung des deutschen Diktators. Durch Zufall stieß sie später auf Dokumente über Eduard Bloch, den jüdischen Arzt von Hitlers Mutter, dem sie 2008 mit ihrem letzten großen Buch "Hitlers Edeljude" ein Denkmal gesetzt habe.

Seit ihrem ersten großen Bucherfolg ("Rudolf – Kronprinz und Rebell") arbeitete Hamann als freie Historikerin. Sie hatte nie eine Universitätsprofessur inne. In ihrer Wiener Arbeitswohnung stapelten sich Bücher, Bilder und Dokumente. Dort schrieb sie, umgeben von Material, das sie sich von überall her besorgt hatte. Für ihr Buch "Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth" reiste sie mehrfach nach Bayreuth, um von der Familie Wagner Auskünfte und fehlende Dokumente zu bekommen. "Sie gab keine Ruhe bei der Suche nach Material, wenn sie sich auf eine Fährte begeben hatte", so Piper. Das sei besonders wichtig bei ihrem großen Bildband über den Ersten Weltkrieg (2004) gewesen, für den 425 Abbildungen (die meisten aus ihrem Archiv) verwendet wurden.

Piper fährt in der Mitteilung fort: "Als Autorin war sie in der Zusammenarbeit mit dem Verlag streng und fordernd, aber auch selbstkritisch und offen. Sie reiste sehr viel, um Vorträge zu halten, und war in zahlreichen Fernseh-Dokumentationen (ob über Hitler, Sisi, deren Sohn Rudolf, die Habsburger oder die Wagner-Familie) eine vielgefragte Expertin."

Brigitte Hamann erhielt zahlreiche Auszeichnungen darunter den Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (1998) und den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln (2012). Sie publizierte neben Piper auch in anderen Verlagen: Bei C. H. Beck erschien etwa "Österreich. Ein historisches Porträt" (2009), bei Rowohlt "Die Familie Wagner" (2005).