Tessloff-Lektorin Sabine Schwertführer zum Kindersachbuch

"Neugier ist ein starker Motor, lesen zu lernen"

5. Juli 2017
von Börsenblatt
Selbst die Kleinen sind online: Schon Dreijährige nutzen Tablets und Smartphones. Konkurrenz zu Sachbüchern muss das nicht sein – digitale Angebote und Gedrucktes können sich gut ergänzen, weiß Tessloff-Lektorin Sabine Schwertführer. Im Verlag erscheint seit über 50 Jahren die "Was ist Was"-Reihe.

Bewegte Bilder und Interaktivität kommen schon bei den ganz Kleinen an – wie geht es dem Kindersachbuch damit?

Nach wie vor ist es ein starkes und wichtiges Segment, Marktzahlen belegen einen stabilen Anteil innerhalb des Kinderbuchs. Es hat großes Potential – vielleicht heute sogar mehr denn je! Der aktuelle Strukturwandel, die Herausforderungen einer kulturell und sprachlich heterogenen Gesellschaft machen Lese- und Lernkompetenz immer wichtiger.

Das ist ein Argument für Eltern – wie sehen das Kinder?

Sie sind von Natur aus neugierig und damit an Sachwissen interessiert. Das ist ein starker Motor, lesen zu lernen – man muss Kinder nicht zu Sachbüchern überreden.

Verdrängen digitale Angebote also nicht das (Sach-) Buch?

Wir richten uns an Kinder bis zwölf Jahren und finden es wichtig, dass sie Zugang zu digitalen Medien haben. Allerdings sollte dieser Zugang klar limitiert und begleitet sein. Wenn das vorausgesetzt ist, sehen wir die digitalen Medien nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum Buch: Sie geben Impulse, die wir aufgreifen.

Welche Impulse meinen Sie?

Kinder stoßen im Internet – zum Beispiel auch auf Wissensportalen wie was ist was.de – auf spannende Anregungen, Fakten und Fragen. So etwas wie: "Warum hat die Sphinx keine Nase mehr?" Oder: "Wie macht man Strom aus Pflanzen?" In Sachbüchern werden diese Fragen fundiert beantwortet, Informationen können verifiziert und Sachverhalte in Ruhe nachgelesen werden – das sind die Stärken und Aufgaben des Sachbuchs. Weil es heute schon früh mit Sachwissen losgeht, haben wir unser Programm für jüngere Kinder bis acht Jahren ausgebaut, mit Angeboten für Vorschulkinder und Erstleser ebenso für die ganz Kleinen unter drei Jahren. Wichtig ist, dass die Inhalte für die junge Zielgruppe spannend und ansprechend aufbereitet sind.

Wie setzen Sie das um?

Zum Beispiel mit dem Relaunch unserer klassischen 'Was ist Was“-Reihe: Der Bildanteil der Bücher ist deutlich höher, es gibt – neben dem Fließtext – kleine Texthäppchen, die den Leseeinstieg erleichtern, wie die Rubriken 'Angeberwissen', 'Schon gewusst?' oder 'Funny Fact'.

Stimmt das Vorurteil: Interessieren sich vor allem Jungen für Sachtitel?

Unsere Bücher werden von Mädchen und Jungen gelesen, sie interessieren sich aber nicht immer für dieselben Themen. Mädchen lesen 'Was ist Was Mode', Jungen "Was ist Was Autos', da gibt es nur wenige Ausnahmen. Für viele Natur- oder Tierthemen interessieren sich dagegen beide – allerdings ist den 'lesefauleren' Jungen ein Sachbuch oft leichter nahezubringen als ein erzählendes Buch. Dass tatsächlich beide, Mädchen wie Jungen, in Wissenswelten versinken können, sehe ich jedes Jahr an unserem Stand auf der Leipziger Buchmesse.

 

Zur Reihe "Was ist was"

Die Buchreihe "Was ist was" startete 1963: Ihre Titel waren die ersten Kinder- und Jugendsachbücher in Deutschland. Bis jetzt sind 141 Bände erschienen, die sich vor allem an Kinder im Alter von acht bis zehn richten. Inzwischen hat Tessloff sein Programm für Jüngere ausgebaut: mit den Reihen "Was ist was Junior" und "Was ist was Kindergarten", ebenso mit Titeln für Kinder unter drei Jahren mit dem neuen Label "Pappebuch von Tessloff".