40 Jahre Matthes & Seitz

Wider den Nihilismus der Ermüdung

4. September 2017
Holger Heimann
Matthes & Seitz lud am 1. September zum Sommerfest in Berlin, um sein 40-jähriges Bestehen zu feiern. Impressionen vom Jubiläumsabend.  

Die Verlagsräume von Matthes & Seitz Berlin wären zu klein gewesen für die rund 400 Gäste, die das 40-jährige Verlagsjubiläum mitfeiern wollten. Also hatte der Verlag den nur ein paar Meter entfernten Elias-Kuppelsaal der Gethsemane-Gemeinde für das Fest gebucht. Den Altar hatte man dafür kurzerhand hinausgeräumt. Und so bot der frühere Theaterraum mit der hellen rundum führenden Galerie und der großen Bühne einen passenden, schönen Ort für Lobreden, Lesungen und Gespräche.


Gegründet wurde der Matthes & Seitz Verlag noch in München, 2004 setzte Andreas Rötzer dann das von Axel Matthes und Claus Seitz Begonnene in Berlin fort. In seiner einfachen, unaufgeregten Rede verwies Andreas Rötzer, der noch während der Münchner Jahre als Buchhalter in dem Verlag begonnen hatte, auf die lange verlegerische Tradition, die vor allem mit den Namen berühmter französischer Autoren wie Antonin Artaud, Georges Bataille oder Jean Baudrillard verbunden ist. In Berlin kamen andere hinzu – für Andreas Rötzer bilden sie alle zusammen das "geistige Schwungrad" des Verlags. Frank Witzel etwa, der aus seinem neuen Roman "Direkt danach oder kurz davor" las, oder die US-Amerikanerin Chris Kraus, die ihren autobiographischen Roman "I love Dick" vorstellte.

Zuvor aber verlas die gelernte Schauspielerin und Frau von Andreas Rötzer Meike Schlüter einen Brief von Axel Matthes, den dieser anlässlich des Jubiläums nach Berlin geschickt hatte. "Um ein guter Verleger zu sein, muss einem mindestens einmal richtig in die Fresse gehauen worden sein", las Meike Schlüter. Aber auch: "Ich bin der guten Hoffnung, dass Andreas Rötzer nie dem Nihilismus der Ermüdung anheim fallen wird." Diese Hoffnung werden viele, die den ewig jung wirkenden Verleger kennen, teilen.

Zu den schönsten Büchern des Verlags zählen gewiss die Titel, die in der von der Autorin Judith Schalansky konzipierten Reihe Naturkunden erscheinen. Für die Herausgeberin ist das Nature Writing nicht weniger als eine "Schule des Sehens". Aber aufgepasst: "Am schwierigsten ist das zu sehen, was da ist", zitierte sie aus einem der Bände. Im Hof jedenfalls konnte man ganz ohne Mühe noch lange viele gute gelaunte Menschen sehen.