<b> Rechtskolumne </b>

»Persönlichkeitsschutz bis u&#776;ber den Tod hinaus?«

14. Juni 2006
Redaktion Börsenblatt
Persönlichkeitsschutz - In der jüngsten Vergangenheit kam es häufiger vor, dass ein Buch vom Markt genommen werden musste, weil sich Dritte in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt sahen. Der Persönlichkeitsschutz endet nicht mit dem Tod einer Person, er wirkt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fort. Umfang und Reichweite eines solchen Schutzes sind gerichtlich noch nicht abschließend geklärt.
Dieses Werk ist reine Fiktion, Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt«: Solche und ähnliche Hinweise finden sich häufig im Impressum von Büchern und im Abspann von Filmen. Im Ernstfall - wenn ein Dritter meint, durch eine bestimmte Darstellung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt zu sein - nutzen solche Erklärungen wenig. Dann müssen Persönlichkeitsschutz auf der einen und Kunstfreiheit oder allgemeines Informationsinteresse auf der anderen Seite in die Waagschale geworfen werden. Die Feststellung, welches Rechtsgut im Einzelfall schwerer wiegt, ist Sache der Gerichte. Wie aber verhält es sich, wenn der Dargestellte bereits tot ist? Welche Rechte haben Angehörige oder Erben? In Rechtsprechung und Lehre herrscht Einigkeit: Der allgemeine Wert- und Achtungsanspruch des Verstorbenen besteht fort, auch wenn das Persönlichkeitsrecht selbst mit dem Tod erlischt. Der Bundesgerichtshof hat dies bereits in seiner vieldiskutierten Entscheidung »Mephisto« festgestellt: Seinerzeit hatte sich der Alleinerbe von Gustav Gründgens mit Erfolg gegen die Veröffentlichung des gleichnamigen Romans von Klaus Mann, dessen Protagonist in vielerlei Hinsicht dem Schauspieler ähnelt, zur Wehr gesetzt. Auch bei der Darstellung Verstorbener ist also Vorsicht geboten, weil dessen fortwirkendes Lebensbild nach seinem Tod gegen grobe Beeinträchtigungen geschützt ist. Keine festen Fristen Wie lange aber währt ein solcher postmortaler Schutz? Kann ein Nachfahre Goethes noch heute gegen eine aktuelle Biografie ins Feld ziehen? Hätte die Klage eines Angehörigen von Gründgens - der Roman ist seit vielen Jahren wieder im Handel - noch heute Aussicht auf Erfolg? Anders als im Bereich des Urheberrechts gibt es keine feste Frist für den postmortalen Persönlichkeitsschutz. Die Rechtsprechung stellt auf die Umstände des Einzelfalls ab, insbesondere auf die Intensität des Eingriffs und die Bedeutung des Persönlichkeitsbildes. Danach schwindet das Schutzbedürfnis in dem Maße, in dem die Erinnerung an den Verstorbenen verblasst und das Interesse an einer Verfälschung des Lebensbildes abnimmt (BGH NJW 1968 1773 - Mephisto; ZUM BGH 1990,180 - Emil Nolde). Rechtsexperten schlagen zum einen die Zehn-Jahresfrist des Paragrafen 22 S. 3 Kunsturheberrechtsgesetz als mögliche Mindestschutzfrist vor. Danach endet das Recht am eigenen Bild nicht mit dem Tod eines Menschen, sondern erst zehn Jahre danach; innerhalb der Zehn-Jahresfrist muss bei den Angehörigen eine entsprechende Einwilligung eingeholt werden. Zum anderen wird als im Normalfall angemessene (Maximal-)Frist eine 30- jährige Schutzfrist genannt. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Rechtsprechung, die auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls abstellt und keine allgemeingültige Frist kennt, können die genannten Zeiträume allerdings nur als grobe Richtschnur dienen. Ebenso wichtig wie die Frage nach der Schutzdauer ist für den Verlag die Frage nach dem jeweiligen Rechteinhaber. Bei wem muss im Zweifel eine Genehmigung eingeholt werden, wer darf im Streitfall Abwehrrechte geltend machen? Nach der neueren Rechtsprechung ist zwischen den ideellen und den vermögenswerten Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts zu unterscheiden. Geht es um die ideellen Interessen des Verstorbenen, sind in aller Regel die nächsten Angehörigen, insbesondere der überlebende Ehegatte und die Kinder des Verstorbenen wahrnehmungsberechtigt. Diese müssen nicht zwangsläufig auch die Erben sein.