Presseschau

Gruppe 47, Janosch, Saul Friedländer

18. Juni 2007
Redaktion Börsenblatt
"Es war tatsächlich ein beeindruckendes Geschichtsgeröll, das Walser, Grass und Kaiser bearbeiteten, ohne am Ende ein stimmiges Bild zu hinterlassen", heißt es in der "Frankfurter Rundschau" über das Treffen zum 60. Jahrestag der Gruppe 47 in Berlin. Weitere Themen: das neue "Schreibheft" und der Friedenspreisträger Saul Friedländer.
"Der Richter und seine Gedenken" - Harry Nutt in der "Frankfurter Rundschau über das Jubiläumstreffen der Gruppe 47: Es war eine Feier der Dabeigewesenen, zu der sich am Sonnabend Walser, Grass und Joachim Kaiser im Gespräch mit ZDF-Moderator Wolfgang Herles im Berliner Ensemble trafen, um den 60. Jahrestag der Gruppe 47 ins Gedächtnis zu rufen: Veteranen im Steinbruch der Geschichte der Nachkriegsliteratur. Tatsächlich muss es zunächst ein Gruppenbedürfnis der noch einmal Davongekommenen gewesen sein, das die Treffen zur Institution werden ließ. Von Kriegserlebnissen traumatisiert, hatte Richter mit Autorität und intuitivem Geschick nach dem Krieg junge Autoren um sich versammelt, die, so ihr Selbstanspruch, Neues erproben wollten. Der Hunger nach Literatur paarte sich mit dem Bedürfnis nach Gemeinschaft und juvenilem Kräftemessen. Vorlesen und Kritisieren, die Autoren der Stunde Null suchten ihre Superstars. "Beinahe ein Millionär" - die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" über den Zeichner und Autor Janosch: Hin und wieder meldet sich Janosch aus dem fernen Teneriffa, wo der Autor und Zeichner seit 27 Jahren lebt. Das ist erfreulich für alle, die seine Bücher mögen, 300 sind es bereits, in 40 Sprachen übersetzt, an einem neuen schreibt er gerade. Das soll "Tagebuch eines frommen Ketzers" heißen und den Lesern "ein wenig Religionsunterricht geben". Vielleicht muss man sich den so vorstellen wie jene Janosch-Zeichnung mit dem Titel "Taufe", in der ein Pfarrer einen Täufling mit einem Kreuz malträtiert. Man mag dies auf die Erfahrungen des jungen Janosch zurückführen, der, 1931 als Horst Eckert im oberschlesischen Hindenburg geboren, von der frommen Mutter keinen Schutz gegen die Schläge des trinkenden Vaters erhielt. Und es fügt sich zu der Legion religionskritischer Äußerungen Janoschs - etwa "Katholisch geboren zu sein ist der größte Unfall meines Lebens" - und zur neuesten Wendung in der verwickelten Geschichte, die den Autor mit diversen Verlagen und anderen Verwertern verbindet. "Friedenspreis für Saul Friedländer" - warum der Historiker den Preis verdient, erklärt Marco Stahlhut in der "Welt": Damit habe Saul Friedländer, so die Begründung der Jury des Friedenspreises, "den zu Asche verbrannten Menschen Klage und Schrei gestattet, Gedächtnis und Namen geschenkt". Sechs Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erscheint der Holocaust bei Friedländer tatsächlich unverhüllt und ungemildert als die Katastrophe, die er war. Freilich nicht im Sinne eines anonymen Verhängnisses, sondern als moralische Katastrophe des deutschen Volkes. Saul Friedländer wurde 1932 in Prag geboren. Seine Familie gehörte zum traditionsreichen jüdischdeutschsprachigen Bürgertum der Stadt. Er überlebte das Dritte Reich unter einer falschen Identität in Frankreich, als "katholischer" Internatszögling, Friedländers Eltern starben im Konzentrationslager. Der Historiker hat der deutschen Öffentlichkeit immer wieder die Hand gereicht, obwohl er keinen Zweifel an der maßgebliche Rolle des traditionellen deutschen Antisemitismus für die Vernichtung der Juden gelassen hat. Diese Geste muss dieses Land als unverdientes, aber verpflichtendes Geschenk betrachten, für das es sich jetzt mit dem Friedenspreis auch ein wenig bedankt.