Leseförderung

Die besten Vorleser des Jahres sind gekürt

21. Juni 2007
von Börsenblatt
Die Bundessieger des 48. Vorlesewettbewerbs stehen fest: Julia Kade aus Augsburg in der Kategorie Hauptschule und Christoph Wiesel aus Unna in der Katagorie Gymnasium / Realschule. Wenn Sie mehr über die Vorleser und die Veranstaltung wissen wollen:
Die mündliche Rede sei die wahre Rede, denn sie bleibe besser im Gedächtnis der Zuhörer haften, zitierte Vorsteher Gottfried Honnefelder Sokrates und trat mit den Kindern in einen Dialog über Philosophie, Börse, Börsenverein und Bücher, um ihnen das Lampenfieber zu nehmen. „Man muss immer denken: Los geht’s!, immer vorangehen, dann klappt es meist gut“, riet Dressurreiterin und Unicef-Botschafterin Ann Kathrin Linsenhoff den aufgeregten Sechstklässlern. Anton Sprick, einer der Bundessieger des vergangenen Jahres und Mitglied der Jury, gab seine eigene Erfahrung weiter: „Man sollte erst einmal ganz tief durchatmen, dann wird man ruhiger und hat nicht so eine hohe Stimme.“ Mit der Stimmhöhe wird es sich bald haben – Vorvorjahressieger Woody Mues, der auf Hörbüchern liest, hat inzwischen ein samtiges Basstimbre. Kratzend dunkel mit gelegentlich hellen Wellenschlägen war auch bereits die Stimme von Hannes Großkurth aus Strausberg, der sachlich-kühl las, männlich-markant in den Enden seiner Spannungsbögen die Tonlage von Robert Magraf aus Magdeburg. Im Kontrast dazu die helle Kinderstimme von Josephine Tögemann aus Hamburg, weiblicher schon die Stimme der Kasselerin Katharina Bieniek, die mit ungebremstem Spaß den französischen Akzent der Protagonistin Colette aus „Pink Muffin@Berry Blue“ von Hortense Ullrich und Joachim Friedrich rezitierte – ein Buch, das gleich drei Vorleser ausgewählt hatten. Hoch professionell las Sophie Charlotte Schröder aus Rostock, die souverän unterschiedlichste Stimmlagen darstellte, mal brummender Vater, mal genervte Erzählerin, mal erstaunte Mutter, mal schnodderig, mal beruhigend – hier interpretierte eine Vorleserin gekonnt die Textvorlage. Lässig cool trug Christoph Wiesel aus Unna vor, der Pausen und Intonation eigenständig setzte – und spielte: Direkter Blickkontakt zum Publikum ließ vergessen, dass da irgendwo noch ein Buch auf dem barocken Bühnenschreibtisch lag. Denise Leibius aus Bodnegg erzählte über Geheimnisse unter Freundinnen und wie man den ersten Kuss überlebt. Herrliche Intonationen wie „sooo peinlich!!“ überzeugten. In derselben Thematik bewegte sich Julia Kade aus Augsburg, die sich traute, stimmgewaltig das Atrium des Frankfurter Goethehauses zu füllen: Da wurden die Zuhörer einbezogen, waren willkommen. Kade war „drin“ in ihrem Text. Leicht schnodderig mit charmantem Hamburger Slang las John Dethlefsen aus Jonathan Strouds „Drachenglut“; die sächsische Färbung machte bei Leon Nöbel aus Rochlitz die Turbulenzen bei einem Karaoke-Auftritt zu einem witzigen Vergnügen. Hut ab vor den reifen Leistungen der Sechstklässler, die dem Publikum durchweg boten, was professionelle Schauspieler bei Lesungen oft vermissen lassen: Ungezügelte Lesefreude, von innen raus.