"Fans wollen achten Band schreiben" - "Spiegel online" schreibt über ein Harry-Potter-Fanprojekt:
"Der größte deutsche Harry-Potter-Fanclub will sich nicht mit dem Ende der Romanreihe um den Zauberschüler abfinden. Die Berliner Club-Gründerinnen Saskia und Sarah Preissner haben bereits über die Zeit nach dem siebten und letzten Band von Joanne K. Rowling nachgedacht, der am 21. Juli in der englischen Originalfassung erscheint. "Wir wollen nicht, dass das Interesse abflaut - und werden Band acht mit den 100.000 Clubmitgliedern aus mehr als 30 Ländern schreiben", sagte die 21-jährige Saskia dem "Tagesspiegel". Zusammen mit ihrer 17-jährigen Schwester Sarah führt sie unter der Internetadresse hp-fc.de seit sieben Jahren eine virtuelle Zauberschule.
"Helden ohne Gesicht" - Wie das viertuelle Neverland Kindern die Lust aufs Lesen raubt, erklärt Wolfgang Bergmann in der "Frankfurter Rundschau":
In den Computerspielen ist alles anders. Dort erfindet der Spieler sein Selbst neu. Er erschafft einen eigenen Charakter, einen neuen Körper, mit dem er in den Szenarien des digitalen Übertragungsraumes agiert, kämpft und siegt. Oder er nimmt in "Gilden" soziale Bindungen auf. Diese Spielwelten sind von überwältigender Eindringlichkeit und wirken auf unsre täuschbaren Sinne so, als seien sie für die Ewigkeit gemacht - dabei sind es nur flüchtige Objekte. Diese Charakteristika des Digitalen finden sich in den Spielmotiven wieder, da wimmelt es nur so von mystischen Figuren, von Zauberern, Elfen, Drachen und Hexern. In militanteren die Spielvorlagen liefern. Keine "Vorbilder" mehr, wie Wildtöter oder Old Shatterhand, dafür haben sie viel zu wenig Individualität. Hinter ihrer weltabwehrenden Panzerung verbirgt sich kein Gesicht, sie haben kaum eine Sprache, keine Geburt und keine Geschichte - unbezwingbare Kämpfer, deren leibliche (verletzliche) Individualität ganz hinter ihrem grandiosen Allmachtsauftritt verschwunden ist. Und nun zurück zu Sprache und Schrift. Lesen beinhaltet immer auch eine reflexive Distanz zum Gefüge der Schriftzeichen. Beim Lesen greifen wir außerdem bewusst und unbewusst vielfach auf unsere eigene Biografie zurück. Nur so können wir die Wortbilder emotional aufnehmen und das Ganze sinnhaft erfassen.
"Jeder gute Autor ist eine Insel" - Büchner-Preisträger Martin Mosebach im "Focus"-Interview über die schwankenden Kriterien bei der Beurteilung schriftstellerischer Größe:
FOCUS: Herr Mosebach, hat wirklich Golo Mann Sie entdeckt?
Mosebach: Entdeckt ... in welchem Sinne? Ich fing in meiner Referendarzeit an, Erzählungen zu schreiben. Diese Erzählungen hat ein Freund Golo Mann geschickt - an sich eine absurde Idee, einem solchen Mann Manuskripte zu schicken.
FOCUS: Golo Mann war gerade Literaturjuror der Ponto-Stiftung der Dresdner Bank geworden ...
Mosebach: Ja, und es war verblüffend, dass er sich dafür entschied, diese unveröffentlichten Manuskripte mit dem Förderpreis auszuzeichnen. Dann hat sich sofort ein Verlag gemeldet, und man sagte mir: Wir möchten unbedingt diese Erzählungen drucken, aber wir würden lieber mit einem Roman anfangen, könnten Sie nicht auch einen Roman
schreiben?
FOCUS: Dieser Roman - "Das Bett" - wurde wiederum von Martin Gregor-Dellin heftig gelobt. Sie hatten von Anfang an geschmackvolle Förderer.
Mosebach: Es gab aber nicht nur die geschmackvollen Protektoren, sondern auch heftigen Gegenwind. Ich stieß sofort auf große Gereiztheit und Ablehnung.
FOCUS: Weil Sie nicht zum tonangebenden linken Milieu gehörten?
Mosebach: Das spielte wahrscheinlich doch eine Rolle. Ich gehörte zu überhaupt keinem irgendwie einschätzbaren Milieu. Ich war auch schon relativ alt, 32, und hatte eine vertrödelte Studienzeit hinter mir.
FOCUS: Seinerzeit, Anfang der 80er-Jahre, herrschte die Meinung, Romane schreiben, erzählen, das könne man jetzt lassen. Was halten Sie von dieser These?
Mosebach: Ich habe mich mit Literaturtheorien welcher Art auch immer, überhaupt mit den Dingen, die in diesem
Zeitraum diskutiert und besprochen wurden, eigentlich gar nicht beschäftigt. Meine Schreiberei ist aus einer Art Dilettantismus hervorgewachsen. Es war eine Beschäftigung neben dem Studium, mit dem ich mich nicht glücklich fühlte.
Ich habe keine Minute daran gedacht, in literarischen Auseinandersetzungen irgendeine Stellung zu beziehen. Ich
schrieb aus einer Stimmung vollständiger Privatheit.