Verleger Björn Bedey über Indies, die Buchläden betreiben

Shakespeares Enkel

12. Februar 2019
von Börsenblatt
Wenn sich das Sortiment immer stärker auf Konzernware konzentriert, müssen Indie-Verlage das stationäre Geschäft eben selbst in die Hand nehmen. Meint Björn Bedey von der IG unabhängige Verlage.

Die Fusion von Thalia und der Mayerschen hat für uns unabhängige Verlage nur geringe Auswirkungen – die unabhängigen Großverlage klammere ich hier mal bewusst aus. Die Zusammenarbeit mit den nationalen und regionalen Buchhandelsketten beschränkt sich meist auf einzelne Filialen, die mit lokalen und regionalen Titeln das Sortiment aufhübschen möchten und dürfen.

Ähnlich verhält es sich mit den unabhängigen Buchhandlungen. Lokal und regional werden Titel auch ins Sortiment genommen – sofern der Verlag es schafft, mit viel persönlichem Einsatz einen Draht zum Sortimenter aufzubauen. Aber die unabhängigen Buchhandlungen verschwinden seit Jahren unaufhaltsam aus unseren Städten – das ist die Realität.

Da stellt sich die Frage, wo unabhängige Verlage überhaupt noch ihre Bücher verkaufen können, wenn dies über die Filialisten und das unabhängige Sortiment kaum mehr möglich ist.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten war der Onlinebuchhandel für viele der wichtigste Vertriebsweg. An erster Stelle ist hier sicherlich der Onlinehändler Amazon zu nennen, der vielen unabhängigen Verlagen erst einen fairen, inhaltsbasierten Wettbewerb gegenüber den Konzern- und Großverlagen ermöglicht hat. Aber auch dieser entscheidende Vertriebskanal hat sich in den letzten Monaten stark verändert. Amazon ist nicht mehr nur Händler, sondern betreibt mittlerweile selbst eine Vielzahl eigener Verlage. Damit ist die vormals neutrale Präsentation der Titel auch hier Geschichte.

Welche Vertriebsmöglichkeiten bleiben den unabhängigen Verlagen also?

Sicher, seit jeher spielt der Direktverkauf eine Rolle. Neben dem eigenen Verlagsshop gewinnen regionale Veranstaltungen und Buchmessen immer mehr an Bedeutung. Auf Märkten, Stadtteilfesten oder Weihnachtsmärkten finden sich immer mehr Verlage mit einem eigenen Buchstand. Auf den regionalen Buchmessen können unabhängige Verlage – im Gegensatz etwa zur Frankfurter Buchmesse – nicht nur ihr Programm präsentieren, sondern auch die Kosten der Messe durch den Verkauf ihrer Bücher kompensieren. So hat sich die BuchBerlin, von vielen unbemerkt, in den letzten fünf Jahren zur mittlerweile drittgrößten Buchmesse Deutschlands entwickelt.

Das Direktgeschäft hat in den vergangenen Jahren an Relevanz gewonnen, ist allein aber nicht auskömmlich – ohne den Handel vor Ort geht es nicht! Wenn aber Filialisten und unabhängige Sortimente ihren primären Fokus auf die oft massentauglichen und daher weichgespülten Angebote der Konzern- und Großverlage legen, was ist da naheliegender für die unabhängigen Verlage, als selbst Buchläden zu betreiben? Buchläden, in denen es die "anderen" Bücher gibt – die "besonderen" Bücher mit Ecken und Kanten, an denen man sich stoßen und aufreiben kann?

Dies ist nicht mehr nur eine Vision, sondern eine konkrete Zukunftsoption, die bereits in verschiedenen Städten umgesetzt wurde. Im August 2018 wurde in Dresden die Buchhandlung Shakespeares Enkel – Verlagsbuchhandlung unabhängiger Verlage gegründet, in der sich mittlerweile mehr als 40 Verlage erfolgreich engagieren. Interessierte Leser nehmen sogar weite Anfahrten in Kauf, um in diesem außergewöhnlichen Sortiment zu stöbern und an Veranstaltungen teilzunehmen. In Karlsruhe hat im Oktober der Bücherbüffet Laden mit Titeln unabhängiger Verlage eröffnet, und im Münchner Rathaus haben die "Münchner Buchmacher", bestehend aus sieben unabhängigen Ver­lagen, im Dezember einen Buchladen eröffnet.

Dies könnte die Geburtsstunde einer ganz neuen Buchhandelskultur in Deutschland sein …

Björn Bedey, Verleger der Bedey Media GmbH, engagiert sich im Sprecherkreis der IG unabhängige Verlage. Die Interessengruppe des Börsenvereins tagt gerade in Frankfurt (14. – 16. Februar).