Presseschau

Eva Herman, Auswahlkriterien für digitale Daten

10. September 2007
Redaktion Börsenblatt
"Diejenigen, die schon immer den Verdacht hatten, der Teufel suche sich bevorzugt schwache Frauenleiber und -hirne aus, um in diese hineinzufahren, dürften sich dieser Tage bestätigt fühlen", schreibt die Schriftstellerin Thea Dorn zum Fall Eva Herman auf Spiegel online . Ebenfalls Thema: die Auswahlkritierien für digitale Daten am Beispiel der Kongress-Bibliothek Washingtons.
"Endlich Zeit für Apfelkuchen" - Thea Dorn über die sprachlichen Entgleisungen der Moderatorin Eva Herman: Die Frage, ob - und wenn ja, welcher Teufel Eva Herman reitet, möge der Exorzist beantworten. Viel interessanter erscheint mir die Frage, welcher Teufel die Verantwortlichen beim NDR geritten hat, die publizistisch-rhetorischen Umtriebe ihrer Talk- und Quizshow-Moderatorin so geduldig mitanzuschauen. Denn bereits Eva Hermans medial hochgejazzter Bestseller vom letzten Herbst, "Das Eva-Prinzip", hätte genug Anlass geboten, daran zu zweifeln, dass sich seine Autorin noch im ideellen Raum einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegt. Der Pendo-Verlag, in dem das "Eva-Prinzip" erschienen ist, mag veröffentlichen, was er für veröffentlichenswert hält. Ein öffentlich-rechtlicher Sender wie der NDR sollte sich jedoch ernsthafte Sorgen machen, wenn eins seiner prominentesten "Gesichter" damit beginnt, solche Hasstiraden gegen den neuzeitlichen Individualismus anzustimmen, wie sie sich durch das gesamte "Eva-Prinzip" ziehen. einem "Es war nicht alles schlecht ..." zu beginnen. "Welche digitalen Daten soll man sammeln?" - Uwe Schmitt macht sich in der "WELT" Gedanken über die Auswahlkriterien: Es schrumpft die Mehrheit jener Menschen, für die es noch ein Wunder bedeutet, mit ein paar Klicks Hannah Arendts' Notizen zum Eichmann-Prozess oder das Faksimile der Antrittsrede George Washingtons vom 30. April 1789 vor sich zu sehen. Beide Nachlässe finden sich unter den elf Millionen digitalen Primärquellen, welche die Washingtoner Library of Congress jedem Surfer darreicht.... Mit dem Paradoxon, die Gutenberg-Galaxie verlassen zu müssen, ohne der Haltbarkeit digitaler Formate und Hardware trauen, also auf das Papier verzichten zu können, schlägt sich seit Jahren jede Staats- und Nationalbibliothek herum. Die LoC, ohne je dem Gesetz oder Namen nach Nationalbibliothek gewesen zu sein, macht keine Ausnahme. Allen geht es zudem um Kriterien für elektronische Authentizitätssiegel und die Auswahl verwahrungswürdiger, zumal "digital geborener" Daten im Zeitalter ihrer sintfluthaften Vermehrung durch das Internet. Was soll für die Nachwelt bewahrt, wie soll es verifiziert, wie vor Missbrauch geschützt werden? ... Ginge es nach William Le Furgy, einem der Manager der Library für ein ehrenwertes Monstrum namens "National Digital Information Infrastructure and Preservation Program" (NDIIPP; gesprochen "Endip"), würde Gutenberg nie abdanken. Keine digitale Zauberei, sagt er, könne sich bisher mit der Haltbarkeit von Papierquellen messen, von Steintafeln nicht zu reden. Le Furgy hält eine Prognose für einleuchtend, die 2002 die Bundesvereinigung der Deutschen Bibliotheksverbände für das Jahr 2015 wagte: nämlich ein Verhältnis gedruckter und gespeicherter Daten von etwa 50 zu 50. Zweihundert Jahre lang machte sich in der Library, die auch das Erfassungszentrum für Amerikas urheberrechtlich geschützte Veröffentlichungen ist, niemand tiefe Gedanken um die Auswahl ihrer Bestände. Bis heute gelangen von jedem amerikanischen Buch zwei Exemplare in die Bibliothek; bis zu 22 000 Gegenstände, auch Filme, Fotos, Musikaufnahmen, treffen täglich ein, knapp die Hälfte wird in den Sammlungen erfasst. Aber wer erfasst "books on demand", blogs? Jeder der acht Partner, überwiegend Universitäten, mit denen Le Furgy in "Endip" arbeitet, hat Kriterien für die Auswahl vorgelegt. Aber am Ende, weiß er, müsse die Library ein Verfahren entwickeln, das einem nahezu fälschungssicheren "Wasserzeichen" gleichkomme.