"Gut gelaunt stagnieren" - die "taz" schreibt über die Buchmesse:
Die Zeiten ändern sich. Nie - niemals! - hätte man sich den deutschen Literaturbetrieb ohne Zigaretten vorstellen können. Wurde man nicht in der Frühzeit seiner literarischen Sozialisation mit Bildern von einsam am Schreibtisch vor sich hin qualmenden Schriftstellern geradezu gefüttert? Tja, und dann ist in Frankfurt am Main - ausgerechnet in den Tagen, da es sich als "Welthauptstadt des Buches" herausschmückt - seit neuestem das Rauchen in öffentlichen Gebäuden verboten (bis zu 500 Euro Buße bei Zuwiderhandlungen). Was etwa zur Folge hat, dass beim dienstäglichen Empfang des Berlin-Verlages, wo ab 22 Uhr bei Wein, aber ohne Häppchen die Buchmesse immer wirklich eröffnet wird, Raucher einen langen Weg zurücklegen müssen: vom Festsaal einen bestimmt 100 Meter langen Flur entlang bis vor die Eingangstür des "Frankfurter Hofs". Die Stimmung da draußen vor der Tür soll aber recht gut gewesen sein. Es war auch ein schöner Herbstabend; "Indian Summer", wie die Berlin-Verlegerin Elisabeth Ruge in ihrer kleinen Ansprache feststellte. Außerdem ist neben dem Rauchen auch die Schlechtgelauntheit im Literaturbetrieb aus der Mode gekommen. Auch bei insgesamt nur ganz leicht steigenden Umsätzen heißt offenbar die Devise: Bringt ja nichts, sich zu beklagen. "Man stagniert so vor sich hin", sagte ein Kleinverleger lachend. Was sagen sollte: Ach, lass uns zum wirklich Wichtigen kommen - zu den neuen Büchern. Eine Romantik des Weitermachens kann man der Szene gut unterstellen.
"Erhaben langweilig" - Dirk Fuhr von der "Welt" hat die Eröffnung der Messe nicht gefallen:
Eröffnungen müssen sein. Im besten Falle machen sie neugierig und ziehen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das zu Eröffnende. Wenn das Protokollarische und das Zeremonielle bei einer solchen Veranstaltung überhand nehmen, gleichzeitig aber jegliche dramaturgische und ästhetische Inspiration fehlt, dann kann es gut sein, dass man es mit der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse zu tun hat. In diesem Jahr zeichnete sie sich durch geradezu erhabene Sterilität und Langweiligkeit aus. Es gehört schon eine gewisse Hartleibigkeit dazu, ein Weltereignis so unter Wert zu verkaufen. Die Komponenten des Programms sind immer die gleichen, dagegen ist nichts einzuwenden. ... Finanzminister Peer Steinbrück bekannte, noch nie auf der Buchmesse gewesen zu sein und sprach Sätze, von denen seine Redenschreiber offenbar glaubten, dass sie vor einem literarisch interessierten Publikum gesprochen werden müssten. Zum Beispiel: "Politiker sollten weniger Parteiprogramme und mehr Bücher lesen". Steinbrück ist kein literaturferner Mensch, sondern wirklich ein Leser; im protokollarischen Korsett wird er als solcher jedoch zur traurigen Figur.