Presseschau

Saul Friedländer, Hessischer Filmpreis, Nichtlesen

14. Oktober 2007
Redaktion Börsenblatt
"Man wird am 14. Oktober gar nicht anders können als zwischen den Zeilen zu hören", schreibt Lorenz Jäger in der "FAZ" mit Blick auf die heutige Verleihung des Friedenspreises an Saul Friedländer. Weitere Themen: Buchmesse und Hessischer Filmpreis , die Kultur des Nichtlesens
"Mag sein, dass der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit der Wahl des Preisträgers ein bewusstes Zeichen setzen wollte", schreibt Lorenz Jäger: "Als vor drei Jahren Péter Esterházy den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, da umspielte sein rhetorisch kunstvoller Dank die Paulskirchenrede von Martin Walser, Preisträger des Jahres 1998, mit sehr milder, urbaner und eleganter Ironie. Diesmal darf wohl eine andere Art der Bezugnahme auf Walser erwartet werden, auch wenn sie unausdrücklich bleiben sollte: Man wird am 14. Oktober gar nicht anders können als zwischen den Zeilen zu hören." "Der stärkere Zusammenhang zur Frankfurter Buchmesse hat dem hessischen Filmpreis überaus gut getan", schreibt Matthias Arning in der "Frankfurter Rundschau". "Die glänzende Gala am Abend in der Alten Oper markierte gleichzeitig auch: Mit dem Filmpreis ging der erste Teil der Buchmesse zu Ende. Für Jürgen Boos, den Direktor der Messe, schien der Zusammenhang, abstrakt wie konkret, stets klar: "Hinter jedem Film steckt ein Buch." Und so kann es keinen Zweifel geben: Frankfurt ist die Stadt der Bücher wie der Filme." Über Ursachen, sich gegen das Lesen zu sträuben, und elegante Möglichkeiten, sich um üble Folgen der Nichtlektüre zu drücken schreibt Christoph Winder im "Standard". "Die erste Variante des Nichtlesens ist in einer Aversion gegen die Tätigkeit des Lesens an sich begründet. Sofern sie belesen genug sind, wird es Anhängern dieser Art des Nichtlesens nicht schwerfallen, sich auf literarische Argumente gegen das Lesen zu berufen. Einige Beispiele: Das durch die extensive Lektüre von Ritterromanen hervorgerufene Delirium des Don Quichotte steht wie ein großes Antilese-Menetekel an der Schwelle zur Neuzeit. Die Bestürzung des Cervantes über den Einbruch des Bestsellerwesens ins Alltagsleben ist verständlich: Wo der Mensch des Mittelalters seine Freizeit damit verbrachte, Wein zu trinken oder gemütlich zu kopulieren, da sieht sich der Mensch der Gutenberg-Ära mit einem Mal dem Lesezwang und dem Zwang zum Smalltalk über das Lesen ausgesetzt ("Haben Sie schon die Lutherbibel gelesen?"). Schopenhauer wettert in den "Parerga und Paralipomena" ingrimmig und seitenlang gegen das Lesen, nennt es "ein bloßes Surrogat des eigenen Denkens", bei dem man "seine Gedanken von einem anderen am Gängelbande führen lässt." Henry Miller, drittes Beispiel, hatte zwar nichts Generelles gegen das Lesen, rät aber in seinem Buch "Die Kunst des Lesens" energisch dazu, nur wenig zu lesen, in homöopathischen Dosen gewissermaßen."