Johanna Märtin ist eine Frau über 50 (jenseits des Klimakteriums, würde ihr Mann sagen), verheiratet, eine erwachsene Tochter, berufstätig. Das heißt, sie schreibt am heimischen Schreibtisch an und für Biografien. Ihr Gatte Achim Märtin stochert als Biograf ebenfalls in fremden Leben herum und vernachlässigt deshalb sein eigenes. Die Ehe ist nach einem Seitensprung des Gatten wie nach einem Knochenbruch zwar dauerhaft, aber irgendwie schief zusammengewachsen. In dieses zivilisierte Nebeneinander bringt Johanna einen Hund ein, der in seiner harmlosen Hingabe mehr Sprengstoff birgt als ein möglicher Liebhaber. Seine unbedingte Treue und sabbernden Zärtlichkeiten sind ein täglicher Vorwurf an die aseptische Lebensgemeinschaft.
Johanna entscheidet sich schließlich für eine temporäre Trennung von Mann und Hund, um eine ihr völlig unbekannte Dame in Mexiko aufzusuchen, deren herrliche Briefe voller Erinnerungen sie neugierig machen. Das Erkennungszeichen »roter Hut« auf dem Flughafen von Mexiko scheint jenseits
der Beschilderung »Exit« auf ...
Monika Maron schreibt über eine Lebenskrise in gesicherten Berliner Intellektuellenkreisen. In der erdrückenden Gesellschaft wird der unsichtbare Hauch einer Liebe, notfalls auch von einem Hund, zum Maßstab aller Dinge. Das ist eine graue Geschichte, aber Monika Maron erzählt sie in einer ruhigen, doch detailfreudigen Weise, so dass farbige Szenen und Bilder entstehen. Da werden kleine, aber entscheidende Veränderungen mit viel Feingefühl beschrieben, mit ihrer Beschreibung zarter Gesten sind die Floskeln der Redenden ganz schnell entlarvt. Ein schönes Buch, um es an einem verregneten Tag auf dem Sofa zu lesen. Neben dem Sofa sollte ein Hund auf dem Teppich dösen.
pg
Monika Maron: »Ach Glück«. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2007, 218 Seiten,
18,90 Euro
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