50 Jahre Werner Sieglin Vor dem Steintor, seit sechs Jahren mit Filiale im Werder Karree in Habenhausen. Sind die Bremer Buchhandelskunden besonders treu oder haben Sie alles richtig gemacht?
Tilman Sieglin: Wir haben uns im Schatten der Großen behauptet, auch weil wir in den letzten Jahrzehnten sehr aktiv waren. Gleich zweimal habe ich versucht, in der City Fuß zu fassen, zwischenzeitlich haben wir vier Filialen bewirtschaftet. Seit 1977 sind wir auf 120 Quadratmetern im Steintorviertel beheimatet - und als Vorortbuchhandlung dort quasi unkaputtbar. Der Stadtteil ist weit genug entfernt von der City und hat eine buchaffine, studentische Klientel, die sich zudem stark mit ihrem Viertel identifiziert.
Vor zehn Jahren kam Thalia mit einer Großfläche in die Bremer Fußgängerzone. Sie hatten damals schon einen Mietvertrag für eine Filiale in der City unterschrieben, dann aber den Rückzug angetreten. War mit Thalia die Beschaulichkeit in Bremen vorbei?
Tilman Sieglin: Thalia hat den Markt völlig umgekrempelt. Die erste Filiale haben wir in den Vororten nicht so gemerkt... Mittlerweile ist Thalia in Bremen an drei Standorten präsent, dazu kommen vier Grüttefien-Filialen. Wie mit einem Staubsauger zieht der Kettenbuchhandel die Kaufkraft von den kleinen Buchhandlungen ab.
Mit über 50 Buchhandlungen - inklusive Filialen - hat Bremen aber immer noch eine recht bunte Buchhandelslandschaft...
Tilman Sieglin: Bremen ist nicht die Insel der Seeligen. Viele mittelständische Buchhandlungen mussten schließen, zuletzt etwa der Lichtgarten oder die Buchhandlung Kaiser. Die übrig gebliebenen müssen nicht mehr nur alle Register ziehen, um zu überleben, sonderen mittlerweile auch am Personal sparen.
Der Stadtstaat Bremen wird stark von seinen Vororten geprägt. Ein Vorteil für den Buchhandel?
Tilman Sieglin: Ja, vorausgesetzt die Kaufkraft im Stadtteil stimmt.
Wo geht die Reise für Bremens Buchhandel hin? Wie sehen Sie die Szenerie in 50 Jahren?
Tilman Sieglin: Wir werden weniger werden, das steht wohl fest. Aufgrund der Zersiedelung Bremens dürften sich die Stadtteilbuchhandlungen aber wohl halten. Viele Quartiere sind aber buchhändlerisch übersetzt - und das wird nicht so bleiben.
Und welche Pläne hat Tilman Sieglin?
Tilman Sieglin: Ich will mein Geschäft noch zehn, 15 Jahre führen, allein schon, um meine älteren Mitarbeiter in die Rente zu begleiten. Und nach 25 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit, davon 20 Jahre im Börsenverein, habe ich endlich mal Zeit zum Bücher lesen.