Presseschau

Weidenfeld und die Bertelsmann Stiftung, Mosebach und die Revolution

1. November 2007
Redaktion Börsenblatt
Tonangeber und Hilfspersonal - In Sachen Bertelsmann Stiftung und Werner Weidenfeld schreibt DIE WELT über das Dilemma aller familiengebundener Institutionen. Ebenfalls noch einmal Thema: die Büchner-Preis-Rede von Martin Mosebach.
"Ende einer wunderbaren Freundschaft" - DIE WELT schreibt über die Trennung der Bertelsmann Stiftung von ihrem Vorstand Werner Weidenfeld: Es ist das Dilemma aller familiengebundenen Institutionen, in denen das Ego der Tonangebenden aus der Stifterfamilie mit dem der Manager, die sich nicht nur als Hilfspersonal verstehen, kollidiert. Und Werner Weidenfeld ist gewiss nicht jemand, der im Hintergrund, und sei es als Graue Eminenz, zu agieren liebt. Er gehört zu der kleinen Kaste der kommunikationsfreudigen, umtriebigen Wissenschaftler, die den Elfenbeinturm längst verlassen haben. 1947 in Cochem geboren, wurde er bereits 1971 für eine Dissertation über die Englandpolitik Gustav Stresemanns promoviert, und vier Jahre später habilitierte er sich mit einer Arbeit über die Europapolitik Adenauers. Danach lehrte er in Mainz, an der Sorbonne und in München, ist ständiger Gastprofessor in Peking und war zwölf Jahre lang Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit. Die Liste seiner Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Kooperationen und Institutionen addiert sich auf 28, die der Ehrungen, Ehrendoktorate und Preise auf zehn. Und - so wird gelästert - die Zahl der Bücher, Abhandlungen, Beiträge, die er veröffentlicht habe, sei so groß, dass er sie kaum gelesen haben könne. Schließlich ist die Politikberatung sein Hauptgeschäft, forschend und redend. Denn ihm zuzuhören, mit ihm zu plaudern, zu debattieren ist anregend, bereichernd. Auch bei "Dienst"-Essen, die anscheinend nur freundschaftliche Gastmahle waren. Das führte, so scheint es, zum Ende einer wunderbaren Freundschaft. Denn die Stiftung dankte Weidenfeld ausdrücklich für die "erfolgreiche langjährige Mitwirkung", weil die Kooperation mit dem CAP in der wissenschaftlichen und politischen Öffentlichkeit große Anerkennung gefunden habe. "Wie Martin Mosebach an der französischen Revolution scheitert" - die "taz" schreibt über die Büchner-Preis-Rede: Des diesjährigen Büchner-Preisträgers Martin Mosebachs Preisrede sprengt hingegen entschieden den Rahmen dessen, was die Duldsamkeit gegenüber schriftstellerischer Rede zu ertragen gebietet. Seine Parallelisierung der mörderischen Rhetorik des Revolutionärs de Saint-Just mit Heinrich Himmler und dessen Rede in Posen über den "anständig" gebliebenen SS-Mörder ist nicht nur historisch abstrus, sondern folgt einem Geschichtsbild, das den konsequent demokratischen Impuls innerhalb der Französische Revolution denunziert - in geschichtspolitischer Absicht.... Wie kann man den revolutionären Terror angesichts des Bürgerkrieges, der konterrevolutionären Interventionen und des Drucks verelendeter Massen mit der Nazi-Mordmaschine gleichsetzen? Wie kann man die "Diktatur im Namen der Freiheit", die 1793 die erste europäische demokratische Verfassung hervorgebracht hat, mit der nazistischen Vernichtungspolitik in einem Namen nennen? Wie kann man dem Königtum, dem Ancien Régime, ein solches Loblied singen, wie der Büchnerpreisträger Mosebach es tut? Man kann, wenn man genügend Rückenwind verspürt.