#bubla-SiegerInnen im Interview (1/4)

Nacht und Tag: "Es geht darum, Haltung zu zeigen"

29. Oktober 2019
von Börsenblatt
Nicole Seifert betreibt den Literaturblog Nacht und Tag. Gerade wurde sie mit dem Buchblog Award 2019 ausgezeichnet. Was sie antreibt und was das Besondere an Ihrem Blog ist, verrät sie hier.

Bitte stellen Sie sich und Ihren Blog kurz vor.
Mein Name ist Nicole Seifert, ich bin Übersetzerin und Autorin, lebe mit meiner Familie in Hamburg und habe vor anderthalb Jahren meinen Literaturblog www.nachtundtag.blog gestartet. Mich hat es nach meinem literaturwissenschaftlichen Studium erstmal in den Verlag gezogen, inzwischen arbeite ich seit bald zehn Jahren frei. Auf Nacht und Tag geht es fast ausschließlich um Literatur von Autorinnen, die im Feuilleton ja leider nachweislich zu kurz kommt. Ich ärgere mich immer noch regelmäßig, wenn ich die "Süddeutsche" oder die "FAZ" aufschlage, weil sich mal wieder drei von drei Rezensionen mit Büchern von Männern befassen. Denn das bedeutet natürlich, dass sehr viele Autorinnen überhaupt nicht besprochen werden und nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Ich möchte meine Reichweite dazu nutzen, um dem entgegenzuwirken, und die vielen spannenden Autorinnen und ihre Werke vorstellen, die ich selbst lese.

Was ist das Besondere an Ihrem Blog?
Es gibt auf Nacht und Tag drei Kategorien: Besprechungen von Neuerscheinungen, bevorzugt solchen, die nicht bereits omnipräsent sind. Dann geht es um Autorinnen, die eine Wiederentdeckung wert sind, vielleicht auch eine Neubewertung, wie beispielsweise Françoise Sagan, die als Literatin lange unterschätzt wurde. Außerdem gibt es allgemeinere Artikel zu Themen wie Lesesozialisation oder Kanonisierung, immer mit dem Fokus auf Autorinnen.

Wie integrieren Sie den Kanal in Ihren (Arbeits-)Alltag?
Als Freiberuflerin bin ich flexibel, und solange ich nicht zu viele Aufträge annehme, passt Bloggen ganz gut zu den größeren, langfristigen anderen Projekten. Die Arbeit an den Artikeln ist eine gute Ergänzung zu der oft monatelangen Übersetzungsarbeit an einem Roman, und auch eine schöne Abwechslung.

Welches Format kommt bei Ihren Followern am besten an? Lassen Sie sich davon beeinflussen?
Erstaunlicherweise ist das Format, das am besten funktioniert, Instagram. Dort habe ich schnell sehr viel mehr Follower gehabt, als ich erwartet hatte. Mir war vorher nicht klar, dass es dort eine so große Gemeinschaft von Leserinnen und Lesern gibt, die sehr literarisch interessiert ist. Über die Möglichkeit, dort zu posten und breiter wahrgenommen zu werden, bin ich sehr froh, auch über den Austausch mit ein paar Menschen, die ich sonst sicher nie kennengelernt hätte. Instagram ergänzt meinen eigentlichen Blog inzwischen regelmäßig um leichtere, kürzere Beiträge.

Welches Format ist Ihnen persönlich am liebsten?
Am Wichtigsten ist mir nach wie vor der Blog mit seiner Möglichkeit, thematisch in die Tiefe zu gehen. Ich möchte Instagram, Facebook und Twitter aber nicht missen.

Wem hätten Sie den Sieg beim BuBla von Herzen gegönnt?
Besonders gefreut hätte ich mich für Nicole Kiendl aka Bücherwurmin und für Tino Schlench aka Literaturpalast. Ich drücke den beiden fürs nächste Jahr die Daumen und werde auf jeden Fall für sie abstimmen.

Wo finden Sie Inspiration für neue Posts?
Meist führt mich ein Buch zum anderen, weil ich mehr von einer Autorin lesen will oder durch die eine Autorin auf eine andere aufmerksam werde. Aber natürlich gucke ich auch die Vorschauen durch, sehe in den sozialen Medien, was andere entdeckt haben, lese das Feuilleton und gehe in jede Buchhandlung, an der ich vorbeikomme. Entsprechend stapeln sich in meinem Arbeitszimmer die Bücher. Inspiration ist nicht das Problem...

Bloggen macht furchtbar viel Arbeit – warum lohnt es sich für Sie trotzdem?
Zu Hause am Schreibtisch ist man ja ziemlich allein, und das ist auch gut so, aber es ist auch schön, sich durchs Bloggen und die sozialen Medien jederzeit mit Gleichgesinnten austauschen zu können. Der Blog hat mir mehr Sichtbarkeit und Vernetzung gebracht, was wiederum meiner Arbeit als Übersetzerin, Autorin und Herausgeberin zugute kommt.

Das hätte ich gerne gewusst, bevor ich mit dem Bloggen angefangen habe: 
Die Entschlossenheit, genau mein Ding zu machen, kam bei mir erst mit der Zeit. Aber genau darum, die Freiheit der eigenen Plattform zu nutzen, Haltung zu zeigen, geht es beim Bloggen, das hat Jo Lendle beim Jury-Gespräch im Rahmen der Verleihung des Buchblog-Awards auf der Buchmesse noch mal sehr klar gemacht.

Welches Format würden Sie gerne mal austesten, kamen aber noch nicht dazu?
Ich habe immer mal wieder überlegt, in den Instagram-Stories oder auf YouTube auch über Bücher zu sprechen, bisher aber noch immer Texten den Vorzug gegeben.

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