Über den Buchrand geschaut - Andere Medien in China

12. Februar 2008
Redaktion Börsenblatt
Wie in anderen Ländern auch ist das Buch in China schon lange nicht mehr das Leitmedium. Diese Funktion hat das Fernsehen übernommen, das in China mittlerweile in fast jedem Haushalt und noch den entlegensten Winkeln des großen Landes zu finden ist. Das Medium wird laut einer Studie von CNPIT Tom Culture aus dem Jahr 2003 von mehr als 93 Prozent aller Chinesen genutzt.
An zweiter Stelle folgt die Zeitung als Informationsmedium mit einer fast 60-prozentigen Kontaktrate. Die großen Tageszeitungen wie die Renmin Ribao (Volkszeitung) sind zwar weitgehend staatlich kontrolliert, werden aber mangels Alternativen trotzdem von den Chinesen gelesen. Das Buch stand 2003 mit knapp über 40 % Kontakthäufigkeit knapp vor den Video-CDs, die in Europa kaum Verbreitung gefunden haben und den Zeitschriften. Gerade im Hochglanzsektor sind chinesische Ableger von großen westlichen Zeitschriften kaum noch zu übersehen. Marie Claire und Elle sind Vertreter für die französische Hochkultur und Geschmack. Europa gilt als Hochburg der edlen Marken und ist Vorbild für den Stil vieler junger Chinesen. Als Ableger eines deutschen Fachblatts konnte sich vor allem die Computerzeitschrift Chip in einer Koopertation von Vogel Burda und dem Electronics Research Institute auf dem chinesischen Markt durchsetzen. Hier zeigt sich wieder die weltweite Anerkennung unserer technischen Fertigkeiten. Wenn die Chinesen von unserem Ingenieursmangel wüssten. Chinesische Ausgaben von politischen Zeitschriften sucht man am Zeitungskiosk jedoch weiterhin vergebens. Auch das Internet fand in China eine rasante Verbreitung. Die Zahl derjenigen, die online lesen wächst rasant. Vor allem junge Leser nutzen das Internet zur täglichen Informationssuche. Mehr als die Hälfte aller 18- und 19-Jährigen lasen 2003 im Internet, unter den 30- bis 39-jährigen waren es nur 15 Prozent. Die Regierung steht dem Internet jedoch zwiespältig gegenüber. Zum einen erkennt sie die Möglichkeiten des Internets zur Informationssuche, Kommunikation und als Distributionsweg an, gerade in den unterentwickelten ländlichen Gebiete, andererseits bedroht die freie Meinungsäußerung im Internet das Informationsmonopol der Pekinger Regierung, und das Netz wird daher streng überwacht. Allerdings ist diese Überwachung kaum lückenlos. In einem der zahlreichen Internetcafés in Shanghai konnte ich zwar nicht die Webseite der New York Times erreichen, dafür aber die Internetpräsenz spiegel online. Bei der geringen Zahl der Chinesen, die deutsch sprechen, halten die chinesischen Datenpolizisten diese Seite wohl für ungefährlich. Trotzdem ist und bleibt die mediale Zensur in China ein drängendes Problem. Mehr dazu lesen Sie im nächsten Beitrag: Zensur oder Selbstzensur? Alle statistischen Angaben beziehen sich auf Untersuchungen vom Chinese Institute of Publishing Science, die im Magazin China Publishing veröffentlicht wurden.