Ein Verlag kann gar nicht alt genug sein, scherzte Bernd Kolf, zusammen mit Jürgen A. Bach Gesellschafter der Seemann Henschel GmbH & Co. KG, am Donnerstagabend vor mehreren hundert geladenen Gästen im Leipziger Haus des Buches. Das Alter, in Zeiten des Jugendwahns eher ein Malus, sei für Unternehmen ein Plus, auf das sich die Werbung vehement stürze. Kolf hat gut lachen: Mit einer Festveranstaltung und der Eröffnung einer Ausstellung feierte E. A. Seemann, der älteste deutsche Kunstverlag, seinen 150. Geburtstag.
Ernst Elert Arthur Heinrich Seemann wollte Kunst und Volk miteinander bekannt machen. 1858 gründete er seinen Verlag, der seit 1861 in Leipzig zu finden ist. E. A. Seemann konzentrierte sich als erster Verlag ausschließlich auf Kunstliteratur und Gemäldereproduktionen. Ernst Arthur Seemanns Sohn Artur veröffentlichte ab 1911 den Thieme-Becker, das bis heute umfangreichste Künstlerlexikon der Welt. Beim schweren Bombenangriff auf Leipzig im Dezember 1943 wurde das Verlagshaus in der Hospitalstraße zerstört; 1952 wurde der Verlag zu einem volkseigenen Betrieb (VEB) erklärt.1992 hatte Silvius Dornier den Verlag von der Treuhand erworben und ihn in seine Dornier Medienholding eingegliedert. Als sich Dornier zehn Jahre später von seinen Kunst- und Kulturverlagen trennte und bereits Meldungen von der bevorstehenden Schließung von E. A. Seemann durch die Presse gingen, sprangen Kolf und Bach in die Bresche: Zum ersten April 2003 erwarben sie E. A. Seemann, Henschel und Edition Leipzig; im Jahr darauf kam Koehler & Amelang zur Verlagsgruppe hinzu.
Seine Modernität, das Aufgreifen der richtigen Themen zur rechten Zeit, habe den Verlag stark gemacht, sagte Harald Marx, Direktor der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister und Seemann-Autor, in seiner Festrede. Kunstverlage haben es heute, da das Buch nur noch ein Medium unter anderen ist, nicht leicht, meinte Bernd Kolf, nicht zuletzt mit Seitenblick auf die jüngsten Brockhaus-Botschaften. Wir werden alles tun, um den Verlag so lange weiterzuführen, bis sich in den Köpfen endgültig geklärt hat, welche Rolle das Schicksal dem Buch zuweist. E. A. Seemann geht traditionsbewusst mit der Zeit: Im Herbst wird es den Thieme-Becker auf CD-Rom geben.
Die Ausstellung 150 Jahre E.A. Seemann. Die Geschichte des ältesten deutschen Kunstverlages 1858 - 2008 ist noch bis 27. März im Foyer des Leipziger Literaturhauses / Haus des Buches, Gerichtsweg 28, zu sehen.