Kleinverleger auf Buchhandelstour in Hamburg

Die Nase im Wind

18. Februar 2008
von Börsenblatt
Der Buchhändler das unbekannte Wesen, wenn das eine zutreffende Diagnose aus der Perspektive mancher Kleinverleger sein mag, so hat sich das jetzt während der Jahresversammlung des Arbeitskreises kleinerer unabhängiger Verlage (AkV) geändert. Für einige jedenfalls und das an einem Freitagvormittag in Hamburg.
Die Nase im Wind war die vom Verleger Klaus Kellner ersonnene Aktion überschrieben, passend zum Hamburger Wetter und der guten Laune der Teilnehmer hätte sie aber ebenso gut oder vielmehr passender die Nase in der Sonne heißen können. Sechs Verlegerteams machten sich auf den Weg quer durch die Hansestadt und besuchten je drei Buchläden: von großen wie Thalia und Weiland über Fachbuchhandlungen wie C. Boysen bis hin zu kleinen Spezialisten wie Männerschwarm. Diese hatten zuvor, organisiert vom Landesverband, einen Fragebogen zugesandt bekommen und sich so auf das Gespräch vorbereiten können. „Wie informieren Sie sich über Verlagsprogramme?“, „Wie beziehen Sie die Bücher?“, „Wie viele kleinere Verlage sind in Ihrem Sortiment vertreten?“ – das waren Eckpunkte für den Dialog der Buchhändler und Verleger. Es gab eine Lust, miteinander zu reden, eine gegenseitige Neugier – und das erlebt zu haben, ist wohl nicht der kleinste Gewinn der Aktion. Es war ein Kennenlernen, ein Versichern gegenseitiger Sympathie. Mancher durfte seine Ansichten vom anonymen Buchkaufhaus, in dem kein Platz ist für die Individualität kleiner Verlagsprogramme, vielleicht revidieren oder zumindest mildern: bei Thalia in der Europapassage mit Blick auf die Binnenalster war jedenfalls nicht nur frischer Cappuccino zu haben, sondern auch viel Aufmerksamkeit, Zeit und Entgegenkommen. Und es gab Glücksmomente: dann, wenn Verleger, durchaus nicht so selten, die eigenen Bücher im Sortiment entdeckten: Britta Jürgs von Aviva ging es so oder Barbara Kindermann vom Kindermann Verlag. Während Jürgs voller Freude spontan einen Piper-Titel kaufen wollte und ihr dieser prompt zum Geschenk gemacht wurde, war Kindermann mit festen Vorhaben im Kopf auf Tour gegangen. Listig verlangte sie nach einem nicht mehr lieferbaren Titel aus dem eigenen Programm. Dass die Buchhändlerin in verschiedenen Katalogen recherchierte, war für die Verlegerin schon Ermutigung genug. Auf den Vorschlag, doch beim Verlag anzurufen, verzichtete sie deshalb: „Da wäre ohnehin niemand gewesen.“ Kindermann hat dann noch ein Buch aus dem eigenen Verlag dagelassen und so sich am Ende zu erkennen gegeben. „Schicken Sie Ihre Vorschauen, wir nehmen uns die Zeit fürs Durchschauen“ oder „Wenn der Vertrieb gut geregelt ist, hat es ein Programm immer leichter“ - verbunden mit einem Loblied auf Prolit und den gebündelten Buchversand auf eine Rechnung. Dies waren wiederkehrende Tipps der Buchhändler. Dennoch scheint es eher unwahrscheinlich, dass sich die Antworten auf die Fragen, die bald ausgewertet werden sollen, zu so etwas wie einer Anleitung zusammenfassen lassen. Dafür dürften die Auskünfte alles in allem zu disparat gewesen sein, zu verschieden auch die Erfahrung mit den einzelnen Verlagen: „Wir hätten auch das Gegenteil ankreuzen können“, sagte Andrea Siegl von C. Boysen „Wie würden Sie kleinere Verlage charakterisieren?“, hatte die Frage geheißen. „Innovativ, professionell, zuverlässig“ und so fort waren denkbare Antworten, Negatives wie unorganisiert, langsam befand sich nicht im Angebot. „Sie müssen nicht warten, bis der AkV dazu aufruft, gehen Sie selbst in die Buchhandlung.“ - Es blieb offen, wer der Aufforderung einer Buchhändlerin, Anne v. Bestenbostel, die Gast war beim AkV und selbst mit auf Buchhandelstour, noch bedurfte, ihr nachzukommen, dürfte jedenfalls von einigem Gewinn sein. Weitere Themen der AkV-Jahrestagung waren Öffentlichkeitsarbeit, Herstellung und Buchgestaltung