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14. März 2008
Redaktion Börsenblatt
Ist die Zukunft im Netz weiblich? Auf einem Leipziger Messepodium im Forum Zukunft des Börsenvereins (Halle 5, B 500) erläutern starke Frauen, wie Verlage Online-Communities für sich nutzen können.
Unter dem Motto „Mit dem Leser auf Tuchfühlung“ erläuterten im „Forum Zukunft“ unter der Moderation von BÖRSENBLATT-Redakteurin Sabrina Gab junge Betreiberinnen von Netz-Plattformen, wie Verlage Online-Communities für sich nutzen können. Auf dem Podium: Janet Sunjic vom Hörspiel-Label Lausch (www.merlausch.de), Miriam Hofheinz, die für Pawel-Moewig eine Perry-Rhodan-Site betreut (www.perry-rhodan.net) sowie Jennifer Nikodem, zuständig für das Portal Lovelybooks der Holtzbrinck-Tochter Aboutbooks GmbH (www.lovelybooks.de). Wie groß ist der Aufwand, den ein Verlag betreiben muss, um im Netz zu punkten? Bei rund 10.500 im Perry-Rhodan-Forum registrierten Usern kann Hofheinz sich inzwischen auf die Mitarbeit ehrenamtlicher Moderatoren verlassen; posten darf man auf der Site nur, wenn man zuvor seine Ausweiskopie hinterlegt hat. „Nach dem ein Fan fünf Avatare an den Start brachte und nicht ganz unproblematische Diskussionen mit sich selbst angezettelt hatte, haben wir uns für diese Lösung entschieden“, so Hofheinz. Ihre Kollegin Simjic weiß, wie langwierig es sein kann, ein neues Angebot im Netz zu etablieren – leichter sei es da, eine Marke einzukaufen, zu der es schon Fangruppen gibt. Selbst Fans, die Foren unabhängig ins Netz heben, auf die das Label später aufsetzen kann, gebe es. Das vor Jahresfrist gegründete Portal Lovelybooks spiegele über seine Tags den Belletristik- und Sachbuchmarkt wieder, wobei Krimi und Fantasy die größten Sub-Communities darstellten. Auch Autoren können sich dort wie „normale“ Leser bewegen – es steht ihnen aber auch frei, sich als professionelle Schriftsteller zu registrieren. Reines „Flirten“ via Bücher, ein spielerischer Kontakthof der User? Wie, so die Frage mit Blick auf die Amazon-Verlinkung, stellt sich das Geschäftsmodell der Betreiber dar? „Nach dem sich einige Buchhändler über die exklusiven Links zu Amazon geärgert haben“, so Nikodem, ,,planen wir nun, dass auch sie sich offiziell als Sortimenter anmelden können – mit integrierter Bestellmöglichkeit.“ Für die Anbieter, könnte man meinen, biete ein gut besuchtes Web-Forum Marktforschung zum Schnäppchenpreis. Ist dem so? „Man muss mit einer Community sehr vorsichtig umgehen“, dämpft Hofheinz etwaige Gelüste. „Natürlich bekommt man kurzfristig Feedback, sieht, welche Sachen funktionieren und welche nicht. Aber man darf darüber auch nicht die Fans vergessen, die nicht im Web unterwegs sind.“ Während Sunjic auf eine gewisse Distanz zu den Fangruppen setzt, hat Lovelybooks-Frau Nikodem gute Erfahrungen mit ihren „Powerusern“ gemacht – sie werden direkt in die Entwicklung der Plattform einbezogen. Fakt ist: Ein gutes Forum steht und fällt mit seinen Machern. Wie groß sind die Erwartungen der Verlage, wie frei können die Netz-Pioniere wirklich agieren? Nikodem hat für das Projekt einen gut dotierten Job in England aufgegeben, ihre Chefs stehen hinter ihr: „Es ist eine Projektidee, an die Stefan von Holtzbrinck glaubt. Aber es gibt schon Erwartungen ...“. Auch Miriam Hofheinz muss sich gelegentlich fragen lassen, wie viel Bücher und Hefte nun durch die Netz-Aktivitäten des Verlags mehr verkauft würden. Den Bedenkenträgern und Controlern hält sie seit jahren entgegen: „Wir machen eine Science-Fiction-Serie! Wer, wenn nicht wir, soll sich im Netz tummeln?“ Eines fiel bei dem kurzweiligen Podiumsgespräch wohltuend ins Auge: Es sind starke junge Frauen, die auf verantwortlichen Positionen im Web neue Wege gehen. Sollte das den als besonders netzaffin geltenden Herren der Schöpfung nicht zu denken geben?