Das rote P lebt!

15. März 2008
Redaktion Börsenblatt
Politik bei Wagenbach: 1981 erschien der letzte Band der "Politik"-Reihe im Berliner Verlag - dann verschoben sich die Gewichte: Andere Reihen, gebundene Bücher, die Postmoderne wurden wichtiger. Nun, 40 Jahre nach 1968, besinnt sich Wagenbach der eigenen Tradition und bringt eine neue Reihe mit politischen Sachbüchern auf den Markt. Auf der Leipziger Buchmesse wurde sie vorgestellt.
"Was haben Sie jetzt vor", wurde Susanne Schüssler in einem Interview mit der F.A.Z. gefragt, als sie die Leitung des Wagenbach Verlags übernahm. "Das", antwortete die Verlegerin, "werden wir sehen". Ein Zufall, der zum Glücksfall wurde, führte Schüssler mit einer alten Kollegin zusammen: Patrizia Nanz war lange Jahre Sachbuchlektorin bei S. Fischer und Feltrinelli - gemeinsam mit ihr entstand die Idee, das wiedererwachende Interesse an Politik aufzugreifen und in kurzen, prägnanten und gut lesbaren Texten junge Stimmen zu relevanten gesellschaftlichen Fagen zu Wort kommen zu lassen - kurz: eine neue Politik-Reihe ins Wagenbach-Programm zu heben und damit auch zu den eigenen Wurzeln zurückzukehren. Im Sachbuch-Forum der Leipziger Buchmesse stellte Schüssler die ersten sechs Bände der Reihe unterm roten "P" vor, die im aktuellen Frühjahrsprogramm erschienen sind - gemeinsam mit den beiden Autoren Christoph Möllers ("Demokratie - Zumutungen und Versprechen") und Albrecht von Lucke ("68 oder neues Biedermeier - Der Kampf um die Deutungsmacht"). Neben drei brandneuen Bänden hat der Verlag im Februar auch drei wichtige Texte von Ulrike Meinhof, Erich Fried und Peter Brückner zum Komplex "1968" neu aufgelegt. "Ich war verblüfft", so Schüssler, "wie viele Verlage sich auf das Thema setzten - eine Rückbesinnung auf unsere eigenen linken Traditionen lag da nahe." Von vornherein sei es aber das Konzept der Reihe gewesen, auch Bücher in Auftrag zu geben, eigene Entwürfe zu denken. Albrecht von Lucke, Jahrgang 1967 und Redakteur der Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internatioale Politik" ist dabei einer der jüngsten Autoren, die sich dem Dauerbrenner-Thema "68" annehmen. "Es geht mir nicht so sehr, um das, was gewesen ist", erklärt von Lucke, "sondern darum, wie mit 68 heute Deutungskämpfe ausgefochten werden." Zumeist schrieben derzeit 68er über 68: "In diese Phalanx der Larmoyanz wollte ich einbrechen." Lucke ist, etwa mit Blick auf Götz Alys Polemik, überzeugt, dass sich am Thema '68' eine "neue Totalitarismusdebatte" entzündet: "Hier liegt enormer politischer Sprengstoff." nk