Zensur oder Selbstzensur?

25. März 2008
Redaktion Börsenblatt
Das aktuelle Mediensystem in China ist ohne Zensur nicht denkbar. Seit der Machtergreifung der Kommunisten im Jahr 1949 gibt es in China faktisch keine Meinungs- und Pressefreiheit mehr.
Es existieren zwei Aspekte der staatlichen Kontrolle. Zum einen wird jede Publikation direkt von staatlichen Zensoren überwacht, und bei Bedarf aus dem Verkehr gezogen. Zum anderen findet eine indirekte Zensur statt, da die Produktion von politisch relevanten Inhalten bislang in der Hand von staatlichen Unternehmen liegt und somit Privatunternehmer vom Meinungsbildungsprozess ausgeschlossen sind. Die direkte Zensur äußert sich z.B. darin, dass immer wieder einzelne Ausgaben von Zeitungen nicht erhältlich sind, oder Journalisten für geringfügige Vergehen Gefängnisstrafen erhalten. Mittlerweile gibt es zwar etliche unpolitische Zeitungen und Zeitschriften und die Berichterstattung hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. Es darf über soziale oder ökologische Probleme berichtet werden und teilweise werden sogar die Verantwortlichen dafür genannt. Wirklich informative und objektive Blätter mit politischem, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichem Inhalt vergleichbar zu westlichen Medien sind jedoch nicht vorhanden. Außerdem können die Behörden jederzeit die Erlaubnis zum Publizieren entziehen, Auslandskorrespondenten der wichtigen ausländischen Medien sind bei zu kritischer Berichterstattung von der Ausweisung bedroht. Halboffiziell heißt es, dass die Bestimmungen für das Verlagswesen Inhalte verbieten, die eine Gefährdung für die „nationale Einheit“ oder „soziale Stabilität“ darstellen könnten, „Seperatismus“ fördern oder „nationale Sicherheitsinteressen“ verletzen. Die Regelungen sind jedoch weder eindeutig festgelegt noch öffentlich publiziert, so dass den zuständigen Mitarbeitern der Behörden Spielraum bei der Zensur bleibt. Außerdem ändern die Regeln sich je nach momentan herrschender politischer Richtung. Dies bedeutet, dass die Zensur vor allem über Selbstzensur funktioniert, da die meisten Journalisten und Verleger nicht riskieren wollen, die ungeschriebenen Spielregeln zu übertreten. So wurden z.B. Passagen von Hillary Clintons Buch „Living History“ vom chinesischen Verleger Yilin Publishing House aus technischen Gründen entfernt, eine Aussage die im Licht der Selbstzensur bewertet werden muss. Auch bei der Zensur im Internet geht China bislang weltweit einzigartige Wege. Obwohl mittlerweile mehr Chinesen das Internet nutzen als US-Amerikaner, und sich immer wieder Lücken in der Überwachung zeigen, setzt die chinesische Führung alles daran, das Internet lückenlos zu überwachen und kritische Inhalte im Netz zu sperren. Es wird geschätzt, dass rund 40.000 Netzwerkzensoren den täglichen Datenverkehr überwachen. Immer wieder werden Internetseiten von ausländischen Informationsanbietern gesperrt, oder die Nutzer auf regierungsfreundliche Internetseiten umgeleitet. Internetcafes werden streng überwacht oder im Extremfall ganz geschlossen. Der öffentliche Netzzugriff wird ständig protokolliert und gegebenenfalls gegen den Nutzer verwendet. Jüngstes Beispiel der staatlichen Kontrolle aller medialen Aspekte des Lebens ist die absolute Nachrichtensperre, die im Zuge der Unruhen in Tibet verhängt worden ist. Zwar dringen immer wieder müdliche Berichte nach draussen, alle anderen Kommunikationsmedien sind jedoch unter der Kontrolle der Regierung in Peking. Die eigentliche Kontrolle der Buchverlage wird über die Vergabe von ISB-Nummern und deren Beschränkung auf die staatlichen Verlage ausgeübt. Wie sich trotzdem private Verlage in China behaupten können, erfahren Sie im nächsten Beitrag „Schwerfällige Alte und junge Dynamische – von staatlichen und privaten Verlagen in China.“