Schweden

"Wir werden für jeden Kanal die passenden Formate liefern ..."

10. Dezember 2008
Redaktion Börsenblatt
"... aber als Medienunternehmen müssen wir uns auf die Inhalte konzentrieren. Die Wahl der Displaygrößen oder des Mediums ist nicht unsere Hauptaufgabe": Im Interview erzählt Bonnier-Konzernchef und Schriftsteller Jonas Bonnier – der übrigens heute 45 Jahre alt wird (Grattis på födelsedagen!) über E-Books, Urheberrechte und Umsatzchancen mit digitalen Medien.
Bonnier ist nach wie vor in Familienbesitz – wie viele Personen sind inzwischen beteiligt? Jonas Bonnier: Der Konzern gehört 67 Personen; mehr als 30 Prozent davon sind aber noch nicht volljährig. Nur neun Familienmitglieder arbeiten heute im Konzern. Nur wenige sind allerdings in Leitungspositionen tätig. Wie entscheidet sich, ob ein Mitglied der Familie ans Ruder kommt? Jonas Bonnier: Ganz einfach: Die Familie bestimmt einen Wahlausschuss, einen Familienrat, der die Leitung von Bonnier AB einsetzt. Und die Leitung bestimmt den Konzernchef, und der dann die Hierarchien – das ist dann mein Job. Gibt es Leitlinien der Familie zur Firmenpolitik? Jonas Bonnier: Nein. Die Familie hat beschlossen, sich auf ihre Eigenschaft als Eigentümer zu beschränken. Demgegenüber sehe ich mich zu 100 Prozent als Konzernchef und nicht als Eigentümer. Anders als die meisten Konzerne kauft Bonnier Verlage auf, lässt sie aber selbstständig weiter bestehen. Welche Strategie steckt da dahinter? Jonas Bonnier: Das hängt damit zusammen, dass man nicht das spezifische Wissen aller Länder konzentrieren kann. Deswegen ist es wichtig, Personen zu haben, die das jeweilige Geschäft vor Ort kennen und denen ich vertrauen kann. Zudem bin ich der Meinung, dass es nicht nur eine Wahrheit gibt. Es gibt einfach mehrere Möglichkeiten, eine Sache gut zu machen. Daher empfinden wir es keineswegs als Nachteil, Verlage mit vielen eigenen Ideen zu haben. Wird die Beobachtung des Kunden im digitalen Zeitalter einfacher sein – oder noch komplizierter? Jonas Bonnier: Deutlich einfacher. Wir können viel besser mit unseren Kunden kommunizieren. Unsere Leser schreiben uns E-Mails. Gleichzeitig können wir einfach und kostengünstig Untersuchungen durchführen, was wir auch regelmäßig tun. Welche Chancen räumen Sie E-Books ein? Jonas Bonnier: Für die Buchproduktion ist es völlig egal, ob ein Buch auf Papier oder in elektronischer Form erscheint. Wenn es nur als E-Book herauskommt, spart man sich sogar die Druckkosten – so gesehen sind E-Books sehr positiv. Andererseits lassen sich Bücher aber schwerlich an kleine Schirme anpassen. Persönlich ziehe ich stets die Papierform vor. Ich möchte ein Buch durchblättern können, möchte sehen, wie lang ein Kapitel ist, wann das nächste kommt usw. Ist das nur Ihre Meinung, oder zweifeln Sie daran, dass sich E-Books durchsetzen werden? Jonas Bonnier: Ich habe einen 17-jährigen Sohn, der es auch nicht mag, am Bildschirm zu lesen. Er druckt genau wie ich längere Texte aus, um sie auf Papier zu lesen. Insofern ... Wie gehen Sie das Problem an, bei den E-Books die Urheberrechte zu wahren? Mit relativ wenig Aufwand ist doch eine Raubkopie hergestellt ... Jonas Bonnier: Den Schutz der Urheberrechte empfinde ich als sehr wichtig, und wir setzen die am Markt gebräuchlichen Kopierschutzmaßnahmen ein. Wenn keiner mehr für einen Roman oder ein Lied zahlen sollte, würde auch niemand mehr bereit sein zu produzieren. Vor allem geht es schnell auf Kosten der Qualität. Der Schutz des Urheberrechts ist aber ein globales Problem, das ein einzelnes Unternehmen wie Bonnier nicht lösen kann. Ich bin mir sicher, dass es auf lange Sicht eine Lösung geben wird, aber eben nur international. Man kann aber auch heute noch Geld für qualitativ hochwertige Leistung verlangen. Nehmen Sie den letzten Batman-Film: Der hat in den Kinos Rekordsummen eingespielt – und das in Zeiten, in denen die Leute massenhaft Dateien aus dem Internet laden. Ich meine, dass die Leute bereit sind, für Qualität zu bezahlen. Vielleicht bin ich ein Romantiker, aber ich glaube: Ist die Qualität hoch, so funktioniert unser Geschäftsprinzip. Wie groß ist denn der Umsatz im E-Book-Geschäft? Jonas Bonnier: Verschwindend gering. Hörbücher gehen da deutlich besser; in dem Bereich sehen wir übrigens auch nur geringe Probleme mit Raubkopien. Planen Sie, Inhalte an Formate wie Mobiltelefone oder E-Book-Reader anzupassen? Jonas Bonnier: Auf jeden Fall. Wir werden für jeden Kanal die passenden Formate liefern. Aber ich bin skeptisch, wenn jemand sagt, dass wir in einigen Jahren 50 Prozent mehr Umsatz mit digitalen Medien machen werden, dann denke ich: Vorsicht! Noch einmal: Als Medienunternehmen müssen wir uns auf die Inhalte konzentrieren. Die Wahl der Displaygrößen oder des Mediums ist nicht unsere Hauptaufgabe. Wir müssen lernen, die Inhalte unabhängig von der Bildschirmgröße zu behandeln. Glauben Sie, Sie könnten den Nachwuchs von den Bildschirmen zurück zum Papier locken? Jonas Bonnier: Nein. Jeder soll mit dem Medium glücklich werden, das er haben will. Zurzeit stellen wir fest, dass gerade junge Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren, und zwar mehr als Jungen und auch alle anderen Altersgruppen, sämtlichen traditionellen Medien den Rücken kehren. Sie lesen weniger Bücher und Zeitschriften und schauen auch immer seltener fern. Einen sehr großen Teil ihrer Freizeit verbringen diese Mädchen in sozialen Netzwerken wie Facebook, My Space und Co. Spannend ist die Frage, was mit diesen Mädchen passiert, wenn sie älter werden: Kommen sie zu den traditionellen Medien zurück oder bleiben sie im Internet? Das sehen wir als Medienunternehmen aber nicht als Problem. Wir beobachten das lediglich und finden die Entwicklung spannend. Mehr über Strategien, Führungsstil und die deutschen Bonnier-Verlage aus Sicht des Bonnier-CEO erfahren Sie morgen in der Print-Ausgabe des Börsenblatts.