Ganz oben steht das Fernsehen, es folgen Radio und Internet. Das Hörbuch spielt bei der täglichen "Medienzeit" noch kaum eine Rolle. Wie sehen Sie die Entwicklungschancen?
Judith Behmer: Die Chancen für das Hörbuch hängen nicht zuletzt von der allgemeinen gesamt-kulturellen Entwicklung ab, d.h. inwieweit sich der Wunsch nach 'fesselndem Rückzug' festigt, bzw. noch verstärkt.
Viele Medien werden parallel genutzt, wie z.B. Internet und Radio. Das geht beim Hörbuch nicht…
Behmer: Richtig. Hier wird die ganze mediale Aufmerksamkeit verlangt - eine gewisse "Hörigkeit". Die Nutzung von Audiobooks ermöglicht aber durchaus Paralleltätigkeiten, wie z.B. Auto fahren, Joggen oder Bügeln.
Was können Hörbücher, was andere Medien nicht können?
Behmer: Sie 'fesseln', aber eben an der langen Leine. Dabei können Hörbücher eine Stimmung von Geborgenheit erzeugen, die Erinnerungen an die frühere 'Gute-Nacht-Geschichte' wachruft. Genau deshalb sind die Stimmen der Sprecher so entscheidend.
Sie sprechen von 'Schutzräumen', die sich mit Audiobooks einrichten lassen. Was ist darunter zu verstehen?
Behmer: Hörbücher gestatten dem Nutzer, sich zurückzuziehen, sich abzuschotten von der Welt. Wer sich für ein Hörbuch entscheidet, lässt sich auf eine Geschichte ein. Ein solches Erlebnis kann das Zappen durch die Medien nicht bieten.
Brauchen wir denn solche Schutzräume?
Behmer: Mehr denn je. Dank Twitter & Co. werden die Medien immer schnelllebiger, die mediale Vielfalt wächst, die parallele Nutzung ebenso. Wer würde sich da nicht hin und wieder nach einem Schutzraum sehnen…
Welche Position nimmt das Hörbuch zwischen Kino und Buch ein?
Behmer: Anders als beim Film überlässt das Hörbuch dem Nutzer die Bildregie, im Vergleich zum Buch bietet es mehr dramaturgische Vermittlung. Das Audiobook sitzt zwischen allen Stühlen, aber genau das macht seine Einzigartigkeit aus.
Wie können die Verleger diese Einzigartigkeit noch besser vermarkten?
Behmer: Das Hörbuch geht in der klassischen Buchhandlung ebenso wie als mp3-fähiges, moblies Medium im Internet. Mit diesem Pfund könnten die Produzenten auch beim Marketing noch viel stärker wuchern.