Messebesuch von Ministerpräsident Roland Koch

Frau Westheimer und der Grenzgang

15. Oktober 2009
Redaktion Börsenblatt
Für Hessens Ministerpräsident Roland Koch ist der Besuch der Buchmesse seit vielen Jahren ein Heimspiel, auf das er sich freut. Heute sogar eins mit Gastgeberrolle: Im Protokoll der Messe, wo er sich mit Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis vor Beginn des Rundgangs getroffen hatte, klopfte es kurz darauf an der Tür, ein trat der Amtskollege aus Hannover, Christian Wulff, um sich "ordnungsgemäß als Gast in Hessen anzumelden". Darauf der Hesse zum Niedersachsen: "Willkommen, Christian, in einer richtigen Metropole."

Der Rundgang später brachte für Koch, der gemeinsam mit seiner Frau Anke gekommen war, noch weitere überraschende Begegnungen. Am Stand von Campus begrüßte ihn Verleger Thomas Carl Schwoerer, um ihm ein paar Neuerscheinungen des Hauses zu zeigen, darunter die "Animal Spirits", ein Aufklärungsbuch zu der Frage, wie Wirtschaft wirklich funktioniert – nämlich bei weitem nicht nur rational, sondern mit allerlei irrationalen Elementen im Spiel. Nicht auszuschließen, dass sich diese Einsicht auch auf ein anderes Funktionssystem der Gesellschaft übertragen ließe; das war aber zwischen Politiker und Verleger kein Thema.

Spontane Heiterkeit kam auf, als plötzlich die Grande Dame des gelingenden Untenrum, Campus-Autorin Dr. Ruth Westheimer, die Szene betrat, den Herrn Ministerpräsidenten und seine Gattin willkommen hieß, sodann aus einer großen Tasche ihre jüngste Anleitung zum geschlechtlichen Glücklichsein hervorkramte (übrigens mit dem kaufreizvollen Titel "10 Geheimnisse für richtig guten Sex"), das Werk sodann für die Fotografen in halber Höhe vor den Ministerpräsidenten hielt – und sich über die gesamte Situation recht inniglich freute. Am Ende wurden die Kochs von Frau Westheimer sogar nach New York City eingeladen (immerhin auch eine richtige Metropole).

Ernsthafter, aber nicht uninteressanter ging es wenig später bei Suhrkamp zu, wo Geschäftsführer Thomas Sparr den politischen Gast in Empfang nahm und sich im Beisein von Stephan Thome ein Gespräch über dessen so erfolgreiches Romandebüt "Grenzgang" entwickelte. Das wurde nicht nur ein literaturbezogener Wortwechsel, sondern auch intensive Heimat- und Brauchtumskunde, denn Koch kennt sich aus in der Gegend und bei den Menschen, die Thome zum Schauplatz und Personal seiner Geschichte gewählt hatte. So fachsimpelten Autor und Gast unter anderem über die Frage, weshalb in dem mittelhessischen Örtchen Biedenkopf, dem Vorbild-Kaff für den Romanort Bergenstadt, ausgerechnet alle sieben Jahre der Grenzgang gefeiert wird. Antwort: Keiner weiß es so genau.