Medienrummel um einen 13-Jährigen

"Ich schreibe schon am dritten Teil"

3. Dezember 2009
Redaktion Börsenblatt
Im Morgenmagazin, Mittagsmagazin, auf der Couch bei Gottschalks „Menschen 2009“. So wie das ZDF haben sich viele Fernsehsender und Zeitungen auf Leander Winkels gestürzt, der mit seinen 13 Jahren ein überraschend komplex konstruiertes Buch geschrieben hat. Vom Riesen-Medienrummel zeigen sich alle Seiten überrascht.

Der Verlag: Design Pavoni ist ein Kleinstverlag, der Anfang des Jahres auf die Idee kam, Literatur von Kindern für Kinder zu veröffentlichen. Erst hatte man nur den Titel „Im Schatten der Elfen" der 14-jährigen Maja Tomljanovic im Programm. Bis sechs Wochen vor der Buchmesse Leander Winkels dazu kam. Seine knapp hundertseitige Fantasy-Geschichte „Die Blumen des Bösen" hat Verlagsleiterin Nicole J. Küppers sofort überzeugt. Die Frankfurter Messeleitung sendete die Nachricht vom jüngsten Autor der Bücherschau per internationalem Newsletter in die ganze Welt. Schließlich konnte Küppers nur noch staunend zusehen, wie sich nach und nach regionale und überregionale Zeitungen von der Rheinischen Post bis „Bild" meldeten und irgendwann die Kamerateams anrollten. Alle wollten die Geschichte des jungen Autors bringen, der auf einer Kreuzfahrt aus Langeweile zu Stift und Papier griff. Die Erstauflage von 100 Print-On-Demand-Exemplaren ist mittlerweile vergriffen, 4000 regulär gedruckte Exemplare in Auftrag gegeben. Die gelernte Heimerzieherin versteht sich trotzdem weiter mehr als Pädagogin denn als gewiefte PR- und Marketingfrau und versucht, zu viel Medienrummel den Riegel vorzuschieben: „Wir wollen kein Britney-Spears-Syndrom", sagt sie, „Lesungen und Interviews kommen nur auf Wunsch des Kindes und unter Begleitung eines Erziehungsberechtigten zustande."

 

Der Vater: Hubert Winkels ist Literaturkritiker und Redakteur beim Deutschlandfunk. Hat er den Erfolg des Sohnes durch gute Kontakte vorbereitet? „Nein", sagt er, „an der Buchveröffentlichung war ich gar nicht beteiligt. Seine Frau habe das als Geburtstagsüberraschung für Papa und Oma im Alleingang in die Hand genommen. Den Medienrummel um seinen Sohn betrachtet er mit kritischer Distanz. „Der Schlüssel war wohl der Newsletter der Buchmesse", glaubt er. Und als „hinreichende Bedingung" dafür, dass der Schneeball ins Rollen kam, sieht er die coolen Auftritte seines Sohnes, der als äußerst unaufgeregte Mischung zwischen Wunderkind und ganz normalen Jungen verkauft werden kann. „Einerseits spielt er gern Fußball und mag HipHop. Andererseits spricht er perfekt japanisch", so Hubert Winkels. Zudem passe die Geschichte des blutjungen Autors wunderbar in die Diskussion um den Zustand des deutschen Bildungssystems und die abnehmende Lesekompetenz der Jugend.

 

Der Autor: Leander Winkels ist tatsächlich cool. „Beim ersten Interview mit der ‚Welt' am Sonntag war ich sehr aufgeregt, aber danach war es keine große Sache mehr", skizziert er knapp sein Verhältnis zum großen öffentlichen Interesse. Bei der Aufzeichnung von Gottschalks „Menschen 2009" (Ausstrahlung am 6. Dezember im ZDF) interessierte ihn dann schon mehr das Drumherum als der eigene Auftritt oder ein Gespräch mit Außenminister Westerwelle: Bis drei Uhr nachts musste Papa Hubert mit ihm auf der Aftershowparty im Bayrischen Hof ausharren. Mit Lehrern und Schulkameraden spricht der junge Autor nur über sein Buch, wenn sie es selbst ansprechen – ihn etwa im Fernsehen gesehen haben. „Ich schreibe schon am dritten Teil, man muss ja am Ball bleiben", sagt Leander Winkels noch. Dass er die Schriftstellerei dank des großen Erfolgs zur Profession macht, ist jedoch ungewiss: „Ich kann mir alles vorstellen – auch Bauarbeiter", sagt er und erlaubt sich ein kurzes Lachen.

 

Lesen Sie auch Leander Winkels Antworten im Fragebogen des aktuellen BÖRSENBLATTS.