DBH / Wohlthat

Wohlthat-Chef Daniels: "Wir können das Unternehmen stabilisieren"

14. Januar 2010
Redaktion Börsenblatt
Die Wohlthat’sche Buchhandlung erlebt stürmische Zeiten: Das Filialnetz schrumpft, die Zahlen sind rot – und die Mitarbeiter streiken. Wie ernst ist die Lage wirklich? Hat die Billigkette noch Zukunft? Ein Interview mit Wohlthat-Geschäftsführer (und Gründer) Ulrich Daniels. 

In Berlin und Potsdam wird seit Wochen gestreikt. Allem Anschein nach ist die Streikwelle auch noch nicht beendet. Ihre Mitarbeiter fordern höhere Löhne – und Verdi unterstützt sie dabei. Welche Position vertreten Sie?

Daniels: Die Wohlthat'sche Buchhandlung ist bereits seit vielen Jahren, lange vor dem Verkauf an die DBH, nicht tarifgebunden. Aus Sicht der DBH ist es Ziel der Gewerkschaft Verdi, das Unternehmen zur Anerkennung der Verdi-Tarife zu bringen. Die Gewerkschaftsführung nutzt dazu die Beunruhigung in Teilen der Belegschaft aus, die durch die aus wirtschaftlichen Gründen notwendig gewordenen Umstrukturierungen ausgelöst wurde. Verdi hat in den letzten Wochen insgesamt fünfmal zu mehrstündigen, in zwei Fällen ganztägigen Arbeitsniederlegungen aufgerufen, die von knapp 20 Prozent der Belegschaft in Berlin und Potsdam befolgt wurden. 


Wie steht es um die Wohlthat´sche?
Daniels: Die Wohlthat'sche hat seit mehreren Jahren mit rückläufigen Umsätzen zu kämpfen. Entsprechend negativ hat sich die Ertragslage entwickelt. Nur die finanzielle Unterstützung der Gesellschafter hat den Fortbestand des Unternehmens bislang sichergestellt. Gesellschafter und Geschäftsführung betreiben seit rund zwei Jahren eine grundlegende Restrukturierung des Unternehmens. In diesem Zusammenhang sind Mitte 2009 leider auch betriebsbedingte Kündigungen unvermeidlich geworden. 


In welchem Umfang?
Daniels: Im Bezirk Berlin/Potsdam wurden 17 Kündigungen ausgesprochen. Zusätzlich haben neun Mitarbeiter leider ein Angebot zur Weiterbeschäftigung bei reduzierter Stundenzahl abgelehnt und sind ebenfalls ausgeschieden.

Füllen Sie die Lücken mit Saisonkräften?
Daniels: Nein, da gibt es keinen Zusammenhang. In Berlin und Potsdam haben wir 21 Aushilfen beziehungsweise geringfügig Beschäftigte eingestellt - mehr als 50 Prozent davon waren Saison-Aushilfen für das Weihnachtsgeschäft, deren Einsatz befristet und unterstützend für wenige Wochen galt. Rund 35 Prozent der längerfristigen Aushilfen decken die Randstunden der Öffnungszeiten in den Filialen ab. 


Manche kritisieren, die Wohlthat´sche würde, zumindest testweise, Leiharbeiter beschäftigen.
Daniels: Der Einsatz von Leiharbeitern ist nicht vorgesehen und wird auch nicht getestet. Lediglich die beiden Schließungsfilialen mussten in den letzten beiden Wochen unter Fremdregie zu Ende betrieben werden, weil die Mitarbeiter bereits in andere Filialen versetzt oder ausgeschieden waren.

Ihr Netz in Berlin umfasst jetzt noch 14 Standorte. Warum haben Sie zum Jahreswechsel die Flächen in der Maaßenstraße und im Tegel-Center aufgegeben?

Daniels: Die Filiale in der Maaßenstraße musste geschlossen werden, weil zum Auslaufen des Mietvertrags der erheblichen Mieterhöhungs-Forderung nicht entsprochen werden konnte und der Vermieter einen Nachmieter fand, der die deutlich höhere Miete zu zahlen bereit war. Die seit Jahren defizitäre Filiale in Tegel wurde mit Auslaufen des Mietvertrags geschlossen.

Angeblich mussten im Weihnachtsgeschäft einzelne Filialen wegen Personalmangels vorübergehend dicht machen. Richtig? 

Daniels: Falsch. An den Streiktagen - mitten im Weihnachtsgeschäft - mussten in der Regel drei bis vier Filialen geschlossen werden, um den Ausfall der streikenden, rund 20 Prozent, Mitarbeiter aufzufangen. Dieser "Personalmangel" war vorübergehend und nicht anders aufzufangen. Alle anderen Filialen konnten mit Hilfe der nicht streikenden Mehrheit der Mitarbeiter regulär öffnen.

Wie geht es bei der Wohlthat´schen weiter? Hat das Konzept Zukunft? 

Daniels: Angesichts der Gesamtlage des Unternehmens werden Gesellschafter und Geschäftsführung an der Fortsetzung des Restrukturierungsplans festhalten. Zur Positionierung des Unternehmens als starker, MA-betonter, preisaggressiver Anbieter von Büchern, Medien und passenden Nonbooks sehen wir keine Alternative, zumal sich auf Nachfrage- und Umsatzseite seit Anfang 2009 eine allmähliche Verbesserung zeigt. Wir gehen davon aus, das Unternehmen mittelfristig so stabilisieren zu können. Verbesserungen der Kostenstruktur sind zum Erreichen positiver Erträge aber unabdingbar.