Viele Fachzeitschriften kämpfen mit sinkenden Anzeigenerlösen. In dieser Situation wollen Sie neue Magazine auf den Markt bringen. Ein mutiger Schritt?
Womöglich schon. Aber wer nichts riskiert, wird nichts gewinnen. Der Anzeigenumsatz bei unserem schon bestehenden MINT-Titel "Life + Science" war 2009 stabil, trotz Wirtschaftskrise. Der Leidensdruck bei Firmen, die qualifizierte Techniker, Naturwissenschaftler und Ingenieure suchen, ist groß – deshalb fließt in diesen Branchen weiterhin Geld für Imagewerbung.
Schüler sind eine zunehmend wichtige Zielgruppe, da die erste Weiche hinsichtlich der Berufswahl schon mit der Entscheidung für einen Fachzug am Gymnasium gestellt wird.
Welche Titel werden auf den Markt kommen und wie ist das Erlös- und Vertriebsmodell?
Kernstück ist die Zeitschrift "Life + Science" die sich an die Oberstufe im Gymnasium richtet. Das Heft erscheint bereits jetzt in einer Auflage von 200 000 Stück und erscheint an 3 600 Schulen. Lehrer können das Heft kostenlos als Klassensatz bestellen.
In Planung ist ein weiterer Titel "Natur + Technik" für 12- bis 14-jährige, die sich entscheiden müssen, welchen Fachzweig sie wählen wollen. Zusätzlich wollen wir eine Kindergartenzeitschrift etablieren.
Welche Ziele haben Sie und Ihr Team sich für dieses Jahr gesetzt?
Wir möchten Klett als Dienstleister im MINT-Markt positionieren und Know-how für Wirtschaft und Industrie verfügbar machen. Diese Imageerweiterung fällt Klett nicht leicht, weil die Marke bisher von vielen ausschließlich mit dem Bildungsmarkt assoziiert wird.
Vor allem der Vertrieb steht vor neuen Aufgaben: Wir haben es in diesem Geschäftsfeld MINT mit völlig anderen Ansprechpartnern zu tun, müssen uns mit der Industrie vernetzen und in die Personalabteilungen kommen.
Im Kongressgeschäft konkurrieren Sie gerade bei den Ingenieuren und Naturwissenschaftlern mit vielen anderen Veranstaltern, die schon seit Jahren in diesem Geschäft tätig sind. Wo ist die Nische für Klett?
Die Wirtschaft tut sich schwer, überhaupt an Schulen und Lehrer heranzukommen. Es gibt seitens der Lehrerschaft und der Schulleitung oft große Vorbehalte, was die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen anbelangt. Über die etablierte Marke Klett können wir es schaffen, eine glaubwürdige Basis für einen Austausch von Wirtschaft und Lehrern zu bieten.
Welche Einnahmen erwarten Sie aus dem MINT-Bereich?
Für 2010 wollen wir unsere Titelpalette erfolgreich konzipieren und einführen. Klar ist aber, dass wir mittelfristig – bei zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – auf einen Umsatz im siebenstelligen Bereich kommen müssen, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
MINT steht für die Qualifikationen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Zum 1. Januar hat die Klett Gruppe ihre Aktivitäten zur Förderung des naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchses in der eigenständigen Klett MINT GmbH gebündelt.