Manga – Importartikel aus dem „Land der aufgehenden Sonne“

21. Januar 2010
Redaktion Börsenblatt
Seit Mitte der 1990er Jahre kam es in Europa zu einem regelrechten Manga-Boom, wobei der japanische Comic für Kinder und Jugendliche zu einem äußerst populären Medium wurde.

Mangas wurden zum allgemeinen Trend mit Millionenseller wie „Sailor Moon“ und „Dragonball“. Dieser Erfolg war aber zu Beginn nicht abzusehen, da die japanische Leserichtung (von hinten nach vorne & von rechts nach links) in Deutschland anfangs noch teuer gespiegelt wurde, um der allgemeinen europäischen zu entsprechen. Im Jahr 1997 startete der Carlsen-Verlag aber einen recht gewinnbringenden Versuchsballon und veröffentlichte mit „Dragonball“ den ersten in japanischer Leserichtung abgedruckten Manga in Deutschland. Er verkaufte davon mehrere Millionen Exemplare an die Leserschaft. Vielleicht ist es dieser Aspekt der Fremdheit, der den Manga für den Leser attraktiv macht.

 

Bild-Text-Verschmelzung

Charakteristisch für Mangas ist die schnelle, fast intuitive Lesbarkeit: schätzungsweise nur vier Sekunden braucht ein geübter Manga-Leser für eine Seite. Der Textanteil ist wesentlich geringer, als der des klassischen Comics aus dem frankophonen Sprachraum (z.B. „Asterix & Obelix“). Die Zeichnungen sind dynamisch und ausdrucksstark; Aktionen werden seltener in einer Bildeinheit (Panel) abgehandelt, sondern eher in viele Momentaufnahmen zersplittert dargestellt.

 

„Manga-Verlage“

Die Anzahl der Verlage, die in Deutschland Mangas drucken, ist recht überschaubar: Der einzige Verlag, der sich hierzulande auf Mangas spezialisiert hat, ist der internationale Verlag Tokyopop. Ansonsten ist nur noch das Manga-Angebot von Carlsen und EMA (Egmont Manga & Anime), oder auch vom Label „Planet Manga“ von Panini nennenswert; sollte jedoch bei anderen Verlagen mal ein Manga im Sortiment auftauchen, ist das eher die Seltenheit und als eine Art „Gelegenheitsdruck“ anzusehen. Im Wesentlichen wird somit der gesamte Bereich von vier Verlagen gestaltet. Anders sieht es zum Beispiel aus, wenn man den Blick auf unseren geografischen Nachbarn Frankreich richtet. Dort haben sich circa dreißig Manga-Verlage etabliert.

 

Mangas und deren Wirtschaftlichkeit

Natürlich ist der europäische Umsatz mit Mangas kein Vergleich zu den Umsatzzahlen in Japan, dort fallen schätzungsweise circa 40% der gesamten Buch- und Zeitschriftenverkäufe auf Manga-Publikationen aus. Fredrik L. Schodt mutmaßte 1983 in seiner Monographie „Manga! Manga! The World of Japanese comics“, dass in Japan mehr Papier für den Manga als für Toilettenpapier verwendet wird. Diese Aussage ist zwar übertrieben, aber dennoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass der Absatz dieser Literatur dort wesentlich höher ist als in Deutschland. Unter anderem liegt das vermutlich daran, dass Mangas in Japan für eine breitere Zielgruppe als bei uns konzipiert sind. Während sich der deutsche Manga-Markt vorrangig an einem jüngeren Kundenstamm orientiert, ist das Manga-Sortiment in Japan im Verhältnis fünfzig-fünfzig auf die Zielgruppen der erwachsenen und jüngeren Leserschaft aufgeteilt.

Hätte eine solche Erweiterung des Zielgruppenkonzeptes nicht auch gewinnbringende Aussichten für deutsche Verlage? Die Manga-Leser, welche bereits in den 90er Jahren mit dem Medium in Berührung gekommen sind, sind schon im Erwachsenenalter angelangt. Somit könnte eine Ausweitung durchaus vielversprechend sein.

Allerdings müsste ein solches Vorgehen mit einer größeren Werbekampagne verbunden sein, da es trotz der bereits in den 90er Jahren erfolgten Etablierung des Manga im Bucheinzelhandel immer noch viele Vorurteile gegenüber dieser Art des Comics gibt. Obwohl der Manga eine Vielzahl an Genres bietet, wie etwa Science Fiction, romantische Komödie oder Historiendrama, sind immer noch gewisse Klischees damit verbunden wie Action-Lastigkeit und große Kulleraugen.

Doch ist der Manga mittlerweile nicht mehr nur ein Importartikel aus seinem „Mutterland“ Japan, auch in Deutschland zeichnen einige deutsche Mangaka (Manga-Autoren) und publizieren ihre Werke. Ein Beispiel wäre der Manga „Gothic Sports“ von Anike Hage, in dem ein Mädchen an einem Gymnasium eine gemischte und etwas skurrile Fußballmannschaft aufbaut.

 

Zukünftige Entwicklung des Manga-Marktes

Wie sich der Manga-Markt weiter entwickelt, bleibt abzuwarten. Besonders in Bezug auf die wachsende Digitalisierung wird das E-Book sicherlich auch auf diesem Markt Fuß fassen können. Gerade durch Konzepte wie „Mobil Manga“, die ein Lesen auf dem Handy ermöglichen, während man gerade unterwegs ist, tun sich ganz neue Vertriebswege auf.

Bisher war die hiesige Manga-Lesekultur eine andere als in Japan. In Deutschland wird der Hauptteil der gedruckten Mangas in Form von hochwertigen Broschuren herausgebracht, wobei die Qualität auch mit dem Preis einhergeht. Es wird dabei davon ausgegangen, dass die Leser diese Bände sammeln. Dagegen hat sich in Japan eine regelrechte Wegwerfkultur des Mangas entwickelt. Mangas werden dort zum größten Teil auf billigem Papier zu niedriggehaltenen Druckkosten als Fortsetzungsgeschichten in Zeitschriften publiziert. Sie werden dann von den Japanern zumeist auf dem Weg zur Arbeit als kurzweilige Literatur gelesen.

Ein ausführlicher Artikel über Mobil Publishing in Japan wurde im März 2009 auf „mobile-zeitgeist.com“ veröffentlicht. Kostengünstige Manga-Downloads für das Handy bieten somit ein entsprechendes Substitut für den deutschen Manga-Leser im Vergleich zur japanischen Manga-Lesekultur. Auch in Japan boomt diese technische Innovation bereits. „Zur Zeit sind Handy-Comics der einzige Geschäftsbereich, der richtig brummt“, meint Shinichi Yoshizawa, Direktor der „Digital Media Business Development“ bei Kodansha, dem größten japanischen Verleger für Bücher, Mangas und Zeitschriften, in der New York Times in einem Artikel über Mobile Mangas in Japan.

Dazu kommt die Tatsache, dass es einigen Lesern in Deutschland unangenehm ist, ihre Mangas in Papierform in der Öffentlichkeit wie z.B. der U-Bahn zu lesen. Die Rezeption auf dem Handy gewährleistet dem Leser eine gewisse Privatsphäre.

Wenn Mangas als kostenpflichtige Downloads von deutschen Verlagen auch über ein für den Leser einfach verständliches und effizient funktionierendes Bezahlsystem abgewickelt würden, würde dieses Angebot vermutlich auch hierzulande positiv angenommen werden.

Laut einem Artikel auf "e-book-news.de" über mobile Mangas in Europa wird zur Zeit in Frankreich in Zusammenarbeit des japanischen Telekommunikations-Anbieters DOCOMO mit Bouygues Telecom den ca. 9,7 Millionen Handy-Kunden des Anbieters eine komplette Manga-Serie für 3 € zur Verfügung gestellt.

Nach einem weiteren Artikel dieser Internetseite ist die beliebte Spielekonsole PSP nun auch ein E-Reader, vorerst aber nur exklusiv für E-Comics. Allerdings beschränkt sich Sonys Angebot dieser E-Comics für die PSP zurzeit nur auf westliche amerikanische Comics. Wie aber auch im selben Artikel beschrieben, wurde damit von Sony kein „völliges Neuland“ betreten. Viele Manga-Fans haben schon lange ihre Mangas inoffiziell gescannt und getauscht, diese wurden dann über den „Photo Viewer“ der PSP angeschaut und auch ins Internet gestellt.