Verwirrung um die US E-Book-Zahlen

27. Januar 2010
Redaktion Börsenblatt
Größer könnte die Diskrepanz der veröffentlichen/suggerierten Verkaufszahlen zu E-Books in den USA kaum sein: Während Langendorfs Dienst unter Berufung auf die IDPF (International Digital Publishing Forum) von E-Book-Umsätzen in Höhe von weniger als 1 % berichtet, lanciert Amazon Meldungen, zu Weihnachten habe man mehr E-Books verkauft als gedruckte Bücher (oder auf Neudeutsch: P-Books).
Als dann Dr. Frank Sambeth von Random House auf der AG Publikumsverlage letzte Woche von einem Umsatzanteil von 3 bis 4 % sprach, den seine US-Kollegen mit E-Books erzielen, war die Verwirrung perfekt.

Hier nun einige Fakten, um die verworrene Situation zu erhellen:
Die scheinbar einfache Arithmetik, die von der IDPF erhobenen E-Book-Umsätze 2009 in Höhe von ca. $ 200 Mio. zu Großhandelspreisen entsprächen $ 400 Mio. zu Endverbraucherpreisen und damit gerade mal 1 % des gesamten Umsatzes mit Büchern (alle Zahlen von mir der Einfachheit halber großzügig gerundet) wird durch zwei Hinweise in der Statistik widerlegt:
“The data above represent only data submitted from approx. 12 to 15 trade publishers
The data does not include library, educational or professional electronic sales”

Da man Äpfel mit Birnen vergleicht, wenn man die Zahlen von gerade mal einem Dutzend Publikumsverlage mit dem Gesamtumsatz der ganzen Branche vergleicht, lohnt sich ein Blick zur BISG (Book Industry Study Group). Die BISG ist eine von US-Verlegern getragene Institution, die regelmäßig Marktzahlen erhebt und Studien durchführt. In dem Referenzwerk ‘Book Industry Trends 2009’ kommt die BISG schon für das Jahr 2008 auf einen E-Book-Anteil von ca. 2 %.

Geht man von dieser vertrauenswürdigen Zahl aus und rechnet die exponentiellen Wachstumsraten hinzu, dürfte der von Random House US angegebene Anteil von 3 bis 4 % am Umsatz auch als realistische Einschätzung für den Gesamtmarkt gelten.

Und was ist nun an der häufig zitierten Meldung von Amazon dran? Auf Huffington Post ( http://www.huffingtonpost.com/2009/12/29/ebooks-outsell-print-book_n_406093.html) und vielen Insider-Foren werden die Fakten ungefähr so gewürdigt:
  • die Nachricht bezieht sich nur auf den 25.12.
  • An diesem Tag ist das Geschäft mit gedruckten Büchern als Weihnachtsgeschenk definitiv beendet
  • Gleichzeitig wollen die vielen verschenkten Kindles mit Lesefutter aufgefüllt werden
  • Sehr großzügig hat Amazon offensichtlich die ‘Verkaufszahlen’ von kostenfreien E-Books (darunter Bestseller) mit berücksichtigt
Auch wenn man sich von solchen statistischen Spielereien nicht beeindrucken lässt und von einem E-Book-Anteil von 3 bis 4 % oder leicht darüber ausgeht, ist die Geschwindigkeit, mit der sich E-Books in den USA etablieren, erstaunlich. Spannend ist nun, wie sich die Wachstumskurve weiter entwickelt und ob sie sich im deutschen Markt genauso darstellen wird.

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Ihr Ronald schild