Kommentar

Die Vertriebsmacht der Big Player

28. Januar 2010
Redaktion Börsenblatt
Das Internet transformiert nicht nur unsere Gesellschaft, sondern bricht auch den klassi­schen Verwertungskreislauf der Buchbranche auf. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteur Michael Roesler-Graichen.
Das Modell vom Autor, der ein Manuskript beim Verlag einreicht, vom Verlag, der das Buch in den Handel bringt, vom Käufer, der es im Sortiment erwirbt, ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr konkurrenzlos. Längst stehen daneben im Netz Verwertungsmodel­le für E-Books, die für die Produk­tion und den Vertrieb von Inhalten keinen Verlag mehr vorsehen oder ganz auf verlegerische Funktio­nen verzichten. Amazon und demnächst auch Google schaffen globale Publikationsplattformen, für die eine Soft­ware das erledigt, was früher Lektorat, Herstellung und Vertrieb geleistet haben – wenn man einmal das Qualitätskriterium ausblendet, das Verlage immer noch gern als Trumpf in der Diskussion ausspielen.

Die Ungewissheit über die zukünftige Rolle, die die Branchenakteure noch spielen sollen, hat auch die überlieferten Funktionszuweisun­gen gelockert: Ein Autor kann heute leichter denn je Verleger sein (beim E-Book oder via Print-on-Demand), ein Händler kann zugleich Dienstleister sein (etwa beim E-Procurement), ein Verlag Serviceanbieter (wie Haufe) und so fort. Zugleich sind große Allrounder und Technologie-Player wie Amazon, Apple und Google auf den Plan getreten, die mit ihrer schieren Marktmacht und Innovationsdynamik neue Vertriebsmodelle in den relativ kleinen Buchmarkt drücken. Suchmaschinen, Online-Werbung und (multifunktionale) Lese- und Abspielgeräte sind dabei die Taktgeber. Und Kunden, die ein neuartiges Kauf- und Leseverhalten entwickeln, das mehr ist als nur ein Generationswechsel. Es ist eine Revolution.