Herr Vogelbacher, als Verantwortlicher für das VLB bei der MVB – kennen Sie eigentlich das Preisradar-Tool?
Vogelbacher: Ich habe davon gehört. Leider konnte ich diesen Preisradar bisher nicht in Augenschein nehmen. Bei meiner letzten Anfrage Anfang Januar wollte Herr Borsche mir das Tool nicht vorstellen, bevor nicht der Rechtsstreit mit Amazon am Hamburger Landgericht rechtskräftig entschieden wurde. Ich hoffe nun, dass ich im Februar die Gelegenheit erhalte, die Software unter die Lupe zu nehmen. Wie ich gehört habe, soll die Anwendung Preisabgleiche gleichzeitig mit verschiedenen Datenbanken durchführen und mögliche Abweichungen melden können. Solche Abgleiche machen wir mit den verschiedenen Anbietern von Katalog-Daten übrigens seit mehreren Jahren regelmäßig.
Trotz dieser Abgleiche steht der Vorwurf im Raum, das VLB verzeichne massenhaft falsche Preise.
Vogelbacher: Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Richtig ist, dass der von uns vor einer Woche durchgeführte Abgleich unserer 1,25 Millionen Datensätze mit mehreren anderen Kataloganbietern Preisabweichungen in Höhe von 0,6 % im Durchschnitt ergeben hat. Bezogen auf den Gesamtbestand sprechen wir über 7500 Preise. Und es geht hier nur um die Abweichungen. Mitnichten kann man deshalb behaupten, dass der Preis beim VLB oder beim abgeglichenen Kataloganbieter falsch ist. Bei unserem Abgleich von ca. 700.000 Datensätzen mit einem großen Online-Anbieter im November letzten Jahres zeigte sich übrigens, dass von den festgestellten Abweichungen 90 Prozent der falschen Preisangaben auf den Online-Anbieter und nur 10 Prozent auf das VLB entfielen.
Lorenz Borsche zufoge kommt das eBuch-Radartool aber zu ganz anderen Ergebnissen…
Vogelbacher: Wenn ich Herrn Borsche richtig verstehe, geht er davon aus, dass, wenn ein Preis im Abgleich zweier Kataloganbieter in seinem Preisradar zwar gleich angezeigt wird, beim VLB aber abweichend notiert wird, der VLB-Eintrag falsch sein muss. Gegen eine solche Behauptung, wie ich Sie jetzt auch im Interview mit Herrn Borsche auf boersenblatt.net lesen durfte, wehre ich mich entschieden. Ich gebe zu, dass man in einem solchen Ergebnis eines Abgleichs ein Indiz sehen kann, dass der Preis womöglich im VLB falsch ist. Eine Tatsache ist das aber nicht. Auch bei unseren Abgleichen wird uns in Sekundenschnelle eine Antwort über Differenzen gegeben. Welches aber der richtige Preis ist, kann mir auch der Abgleich nicht sagen. Hierzu muss ich, und das ist mit entsprechendem Aufwand verbunden, an die Verlage herantreten, und diese müssen letztlich den richtigen Preis an alle kommunizieren.
Sie haben aber auch festgestellt, dass der von Lorenz Borsche im Interview benannte Titel "Lucian" von Isabel Abedi tatsächlich im VLB falsch ist…
Vogelbacher: Ich bin immer dankbar dafür, dass auch einzelne, aus unserem Datenbestand von 1,25 Millionen Titeln herausgepickte Daten an uns zur Überprüfung geschickt werden. Ja, auch im VLB gibt es falsche Preise. Richtig ist aber, dass sich in den letzten beiden Abgleichen mit einem führenden Barsortiments-Katalog gezeigt hat, dass die aus dem Abgleich resultierenden Abweichungen auf eine 50 : 50-Fehlerquote bei diesem Barsortiments-Katalog und bei unserem VLB zurückzuführen sind. Aktuell ist beispielsweise beim Titel „Eins, zwei, drei und du bist frei“ von Janet Evanovich (ISBN 978-3-442-44581-3) beim VLB der richtige Preis (7,95 €), bei einem Barsortiments-Katalog aber der falsche Preis (8,00 €) gelistet.
Das heißt also, dass alle Kataloganbieter falsche Preise ausweisen, und dass die Anzahl falscher Preise relativ gleich auf alle verteilt ist…
Vogelbacher: Genau so ist es, und deshalb bleibt es auch bei unserem bewährten Standard, zunächst die Verlage zu befragen, welches nun der richtige Preis ist und diese Information allen zur Verfügung zu stellen, bevor wir eine Änderung im VLB vornehmen. Schließlich haben die Verlage die Preishoheit.
Wie stellen Sie korrekte Preisangaben auch bei Änderungsmitteilungen über die gelbe Beilage sicher?
Vogelbacher: Schon heute werden 90 Prozent der Katalogdaten als elektronische Daten geliefert und automatisch in die Katalogbestände übernommen. Dadurch würden manuell übernommene Preise aus der gelben Beilage wieder überschrieben. Unser Fokus ist es sicherzustellen, dass die gelbe Beilage und das VLB Hand in Hand gehen, und hierzu werden wir gemeinsam mit den Verlagen die entsprechenden Instrumente entwickeln.
Michael Vogelbacher im Interview
29. Januar 2010
Das Preisbindungsurteil gegen Amazon wegen falscher Preisangaben hat eine Diskussion über die Qualität der Branchendatenbanken ausgelöst. Nach Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang und dem eBuch-Generalbevollmächtigten Lorenz Borsche stellt sich nun Michael Vogelbacher, Leiter der Abteilung Informationsdienste bei der MVB, den Fragen.