Max-Beckmann-Preis für Barbara Klemm

"Gelockert wie beim Masseur"

12. Februar 2010
Redaktion Börsenblatt
Erstmals wurde der Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt (hervorragender Leistungen in den Bereichen Malerei, Grafik, Bildhauerei und Architektur) an eine Fotografin vergeben. Ein Schriftsteller, der grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Fotografie bekannte, hielt die Laudatio. Neben den Amtspersonen der Stadt begrüßte Oberbürgermeisterin Petra Roth in der Paulskirche "Fans" und fasste zusammen, warum Barbara Klemm mit dem Preis nach dem Namen eines Malers ausgezeichnet wird: Sie könne "die Ästhetik der Malerei mit dem Realismus der Fotografie verbinden". Eindrücke von der Preisverleihung.

Durs Grünbein kündigte sieben Gedanken über Fotografie an, flocht in seiner Laudatio dann doch elegant eine unendliche Anzahl an fein beobachteten Merkmalen von Barbara Klemms Fotografie ein. Grünbein verdächtigte die Fotografie, mit ihrer technischen Hochrüstung mehr Apparat als Anima zu erlauben. Doch gestand er Barbara Klemm zu, diesen Apparat mit einem feinen Taktgefühl zu handhaben. Mit einem Gespür für "sensationslose Evidenz" erfasse sie in ihren Bildern Situationen, die sich erst auf den zweiten Blick als Allegorien lesen ließen.
In drei Sätzen ratterte Grünbein dann die Merkmale herunter, die Barbara Klemms Fotografie so besonders machen: Ein feiner Humor, eine Grundheiterkeit der Comédie humaine. Die heterogenen Elemente im Bild – eine kontrollierte Theatralität. Oft eine Pattsituation, eine Situation abseits der offiziellen, politisch geplanten Bildsprache, die man erst auf den zweiten Blick deuten könne.
Zum Besten gab Grünbein seine erste Begegnung mit der Fotografin 1990. Grünbein als in Sachen Selbstinszenierung hochambitionierter Dichter und die erfahrene Fotografin trafen im Zoo aufeinander. Klemm ließ Grünbein geduldig bis zur "Selbstoffenbarung" gewähren, bis dieser sich "gelockert wie beim Masseur" fühlte. Sie schuf dabei ein Porträt, bei dessen Betrachtung Grünbein "aus dem Lachen nicht mehr rauskam" – und sich doch treffend porträtiert fand. 

Barbara Klemm selbst, die es sichtlich nicht gewohnt ist, vor statt hinter der Kamera zu stehen, bedankte sich mit viel Rührung für die Auszeichnung. Sich in einer Reihe mit den bisherigen Preisträgern wie Maria Lassnig und Richard Hamilton zu wissen, habe sie überwältigt. Auch sie griff den Vergleich der Künste auf und hielt Roland Barthes' Zitat, dass die Fotografie die Malerei zu ihrer väterlichen Referenz gemacht habe, für verfehlt. Vielmehr sei das Theater mit seinen lebenden Bildern das Vorbild.
Schwierig sei es aber, eine solche Bildkomposition in Sekundenbruchteilen wahrzunehmen und zu dokumentieren. Ein Foto sei richtig, wenn es im Betrachter eine emotionale Bewegung bewirke – und ein Zeitzeugnis sei. 

Zu den Fotos von Barbara Klemm in der Bildergalerie.