Sie erwägen im Vorstand des Landesverbands NRW ein organisatorisches Zusammenwachsen mit dem Bundesverband. Warum?
Könemann: Wir sind aufgrund einer abnehmenden Zahl von Mitgliedsunternehmen und zudem aufgrund rückläufiger Erträge unserer Mitgliedsfirmen an einem Punkt angelangt, wo wichtige Weichenstellungen für eine gedeihliche Zukunft erforderlich werden. Denn die Entwicklung vollzieht sich schneller, als wir das erwartet hatten. Noch haben wir unterschiedliche Handlungsoptionen und damit Entscheidungsspielraum.
Welche Optionen sehen Sie?
Könemann: Es gibt drei grundsätzliche Möglichkeiten: Wir könnten unsere stetig zurückgehenden Beitragseinnahmen stabilisieren, indem wir die Beiträge für unsere Mitglieder Jahr um Jahr entsprechend anheben. Wir könnten zweitens an unseren Kostenapparat herangehen, indem wir Personal abbauen und das Dienstleistungsniveau unseres Verbandes drastisch absenken. Beide Optionen hätten für mich allerdings den Geschmack von »Tod auf Raten«. Deshalb favorisiere ich gemeinsam mit unserem gesamten Vorstand eine dritte Variante: die behutsame, schrittweise Übertragung von Aufgaben an den Bundesverband, wobei zugleich alles, was unsere regionale buchhändlerische Identität stärken hilft und unsere Nähe zu den Mitgliedern steigert, auch in Zukunft als Aufgabe des Landesverbands wahrgenommen wird.
Was stünde am Ende dieser Aufgabenverlagerungen?
Könemann: Am Ende kann eine Verschmelzung unseres Landesverbands mit dem Bundesverband stehen.
Welche Aufgaben wären das, die der Bundesverband zentral auch für NRW-Mitglieder wahrnehmen soll?
Könemann: Ich denke an alles, was auch ohne räumliche und persönliche Nähe zum Mitglied erledigt werden kann: also etwa Rechtsberatung, die Pflege unseres Internet-Auftritts, buchhalterische und andere Verwaltungsaufgaben.
Wie stellen Sie sich den Weg bis zur etwaigen Verschmelzung vor?
Könemann: Oberste Priorität hat für mich die Einbindung unserer Mitglieder. Sie sind letztlich der Souverän der Entwicklung; insbesondere die aktive Einbindung unserer vielen Sortimenter in NRW ist mir sehr wichtig. Hier muss nun ein Prozess der Willensbildung einsetzen. Auf unserer Hauptversammlung in Bonn ...
... der Bundesstadt Bonn ...
Könemann: (lacht) – reiner Zufall, Bonn hatten wir schon länger festgelegt – im Mai werde ich den Mitgliedern die drei genannten Optionen vorstellen und begründen, weshalb der Vorstand den Weg der skizzierten, tief greifenden Organisationsreform favorisiert. Ein paar klare Bedingungen gibt es dabei: Mit dieser Reform sind signifikant sinkende Beiträge für unsere Mitgliedsfirmen verbunden. Es wird sichergestellt, dass das im Landesverband NRW erwirtschaftete Vermögen bei uns verbleibt und für die Arbeit vor Ort zum Einsatz kommt. Wir wahren unsere regionale buchhändlerische Identität und steigern die Nähe zu unseren Mitgliedern. Falls die Mitglieder uns dann in Bonn den Auftrag erteilen, werden wir diesen Weg in den zwölf Monaten bis zur nächsten Hauptversammlung in verschiedenen Task Forces zur Projektreife weiterentwickeln.
Rechnen Sie mit Argwohn bei Ihren Mitgliedern – nach dem Motto: Jetzt verleibt sich der Bundesverband uns ein?
Könemann: Nein. Denn hier handelt es sich ja um eine Initiative, die von uns ausgegangen ist. Wir haben diesen Weg in der Finanzgruppe unseres Vorstands in Erwägung gezogen, nachdem wir uns intensiv mit den Zahlen des Landesverbands auseinandergesetzt hatten.
Was sagt denn Ihr Partner auf dem angestrebten Weg, der Bundesverband, dazu? Sind Sie schon in Abstimmungen mit Frankfurt?
Könemann: Wir haben uns in der vergangenen Woche in Düsseldorf zu einer gemeinsamen Sitzung der Vorstände von Bundesverband und Landesverband NRW getroffen und dort eine sehr gute Absichtserklärung gemeinsam formuliert. Für diesen Letter of Intent gab es aus beiden Vorständen einmütige Zustimmung bei jeweils nur einer Stimmenthaltung.
Was steht drin?
Könemann: Wir bekennen uns zu der Aufgabe, angesichts knapper werdender Ressourcen den mit der Gründung des Gesamtvereins im Jahr 2003 eingeschlagenen Weg der strukturellen Straffung und Aufgabenfokussierung beschleunigt weiterzugehen. Wir müssen noch näher ans Mitglied mit unseren Dienstleistungen, müssen schneller werden in unseren Entscheidungsprozessen und müssen unsere strategische Handlungsfähigkeit weiter verbessern. Und es steht auch drin, dass wir uns sehr gut vorstellen können, mit unserer Reforminitiative ein Modell zu schaffen, dem andere folgen werden.
Neben den Spareffekten: Was ist für Sie das wichtigste Ziel der angestrebten Reform?
Könemann: Dass wir uns entlasten von der zum Teil ins Absurde gesteigerten Selbstbeschäftigung des Verbands – was zum Beispiel mit enormer, Zeit und Geld fressender Reisetätigkeit verbunden ist. Und dass wir geistige Kapazität freisetzen zum Nachdenken darüber, wie wir unsere Arbeit für die Mitglieder noch besser und vor allem nützlicher machen können.
Wie stehen die hauptamtlich Beschäftigten in NRW zu Ihren Vorschlägen? Immerhin könnte das Ganze ja auch Aspekte von Selbstabschaffung entfalten.
Könemann: An Selbstabschaffung ist eben gerade nicht gedacht, sondern daran, die Arbeit sinnvoller und effektiver zu organisieren. Wir wollen unsere regionale Präsenz weiter ausbauen. Wir wollen Gelegenheiten schaffen zur Begegnung und Meinungsbildung auf regionaler Ebene. Unser Hauptamt steht daher voll hinter der Idee. Denn das alles verbindet sich ja mit der Hoffnung, dass wir eine operative Exzellenz erreichen können, die wir mit den gegebenen Strukturen nie erreichen würden.